Sonntag, 13. Dezember 2020
Große Freiheit in Corona-Zeiten: Von Dresden nach Meißen und zurück
Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, den Fahrradblog wieder zu aktivieren. Ich fange trotzdem damit an.
Ich habe mein E-Bike zurück, nachdem mir der Akku gestohlen wurde. Ich kann jedem nur raten: lasst ein E-Bike niemals unbeaufsichtigt. Auch nicht kurz und nicht am hellichten Tag. Stellt ihr euer E-Bike ab, schließt es gut an, möglichst hinter verschlossenen Türen, gesichert mit mehreren Schlössern. Und entnehmt dennoch den Akku. Es gibt dreiste Kriminelle, die nur darauf warten, euch zu schaden. Man sollte ihnen nicht die kleinste Chance geben.
Ab morgen gilt hier verschärfter Lockdown. Deswegen habe ich beschlossen, heute noch einmal die Möglichkeit zu nutzen, eine Fahrradtour ohne Einschränkung zu unternehmen. Nach der kurzen Probefahrt vorige Woche möchte ich das neue Fahrrad richtig nutzen, die Freiheit spüren. Solche Touren sind für mich Lebenselixier. Eine Radtour von Dresden nach Meißen als große Freiheit zu empfinden, ist im Grunde fast lächerlich. Aber wir haben Corona. Monate voller Einschränkungen liegen hinter uns. Deswegen empfinde ich diese Tour wirklich als Befreiung.
Ich starte gegen halb sieben hier in Mickten. Es ist noch dunkel. Auf den Straßen ist es komplett ruhig. Es ist Sonntag, und dennoch: die Stille wirkt auch gespenstisch. Hinter Serkowitz geht es durch Wiesen. Bei solcher Dunkelheit war ich lange nicht auf Radtour. Zwar hat das neue Fahrrad gute Beleuchtung, aber deren Lichtkegel reicht vielleicht drei Meter weit. Links und rechts davon ist es stockfinster. Ich fahre langsam, obwohl ich hier jede Biegung kenne. Tatsächlich kommt mir ein Radfahrer entgegen. Ich sehe nur dessen Beleuchtung.
In Altkötzschenbroda halte ich an, fahre ein Stück hinein und halte an. Hier ist normalerweise Weihnachtsmarkt. Überall dezenter, hübscher Schmuck, aber es ist still hier. Es wird wohl auch ziemlich still bleiben an diesem dritten Advent. Der Himmel Richtung Osten wird ein wenig heller. Am Dampferanleger halte ich nochmal an, die Morgendämmerung setzt ein – meine Lieblingszeit.
Lange habe ich überlegt, ob ich mir ein E-Bike zulegen soll. Mehrere Argumente sprachen dafür. Ich habe keine Zeit, um für Touren zu trainieren. Habe ich einmal Zeit, möchte ich weiter als zehn, zwanzig Kilometer fahren. Meine Knie sind nicht mehr so belastbar wie früher. Und hinzu kommen die Corona-Einschränkungen. Das Fahrrad ist überaus praktisch und beliebt geworden. Ein E-Bike erweitert den persönlichen Radius sehr. Außerdem macht es einfach Freude, mal schneller unterwegs zu sein und dennoch mit mehr Leichtigkeit. Keine Sorge: man hält sich damit trotzdem fit.
Nur langsam wird es heller. Leider sehe ich kaum Tiere – dafür ist es immer noch zu dunkel. Die Fähre in Coswig-Kötitz sieht mit ihrem Licht irgendwie anheimelnd aus. Ich komme an meinem Lieblingsrastplatz mit Blick auf den Boselfelsen an. Bis hierher darf ich ab morgen noch fahren. Heute aber nehme ich mir die Freiheit und fahre weiter.
Mir ist klar, dass die Beschränkungen sein müssen. Jeder müsste einsehen, dass das Gesundheitswesen nicht überlastet werden darf. Dennoch ist diese Grenze von 15 Kilometern in meinem Fall Blödsinn. Diese Regel ist sicher nicht für eine Radfahrerin gemacht, die vorzugsweise dann unterwegs ist, wenn andere noch schlafen, die Menschenmengen sowieso am liebsten meidet. Aber ich muss sie ebenso befolgen wie jeder andere. Ich höre nun auf, damit zu hadern, denn das bringt nichts. In den nächsten Tagen werde ich mich auf das konzentrieren, was noch möglich ist. Häuser und Grundstücke sind mit Sternen und Lichterketten geschmückt.
Endlich sehe ich die Domtürme, und dann sitze ich auf einer Bank mit Blick auf die Meißener Altstadt und esse ein halbes Brötchen. Die andere Hälfte gibt es dann zuhause. Leider kann ich nicht lange Pause machen. Ein Mann mit einem Hund nähert sich. Ich erwarte nichts Gutes und richtig: das kleine Biest knurrt mich an. Da steige ich schon wieder auf und wende mich heimwärts. Die Elbe strömt gleichmäßig dahin, ein paar Enten schwimmen vorbei. Ansonsten sehe ich keine Tiere, nur ein paar Krähen.
Radtouren im Winter sind natürlich möglich, vorzugsweise bei trockenen Wegen, ohne Schnee und ohne Glätte. Ich empfehle Funktionskleidung, bei Bedarf zwei oder mehr Schichten, dazu Funktionshandschuhe. Unter dem Helm sollte man eine Mütze oder einen Buff tragen. Ganz wichtig im Winter sind Überschuhe. Selbst in warmen Goretex-Schuhen beginnt man bald zu frieren. Es ist schade, wenn man deswegen die Tour abbrechen muss.
Die Kötitzer Elbinsel wirkt bei diesem trüben Wetter ein bisschen mystisch. Gerade frage ich mich, ob es im Winter nicht auch Graureiher gibt, da sehe ich sie schon. Drei Prachtexemplare dieser schönen, grazilen Tiere stehen im flachen Wasser, ein Stück weiter sehe ich noch zwei und dann sogar einen Silberreiher. Als ich anhalte, fliegt er davon. Scheu sind die Reiher, sie lassen sich normalerweise auch nicht fotografieren. Silberreiher sieht man häufiger um Moritzburg herum. Kein Wunder, dass sie nun auch an die Elbe kommen. Dieser Anblick war wirklich ein Highlight. Für solche Momente bin ich gern früh unterwegs.
Die ersten Spaziergänger mit Hunden kommen auf den Elberadweg. Ich fahre nun schneller, das Frühstück ruft. Um die vierzig Kilometer sind es heute ungefähr. 15 Kilometer darf man sich ab morgen vom Wohnort entfernen. Da gibt es noch ein paar Möglichkeiten und mit Rückweg sind dann um die 30 Kilometer drin. Ich werde berichten.
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