Donnerstag, 10. September 2009

09.09.09: Dresden – Großkoschen und zurück

Dieses Jahr hatte ich mir vorgenommen, mit dem Fahrrad an den Senftenberger See zu fahren, aber bisher hatte es sich einfach nicht ergeben. Und seit meiner Tour nach Strehla weist mein Tourenrad, immerhin seit acht Jahren regelmäßig in Benutzung, die ersten größeren Mängel auf. Als ich nun mein Rad zum ersten Mal zur Durchsicht in einer Werkstatt anmeldete – der Termin wird in zwei Wochen sein - , sah ich dort genau die Sorte Fahrrad, die ich mir schon immer für längere Touren gewünscht habe, noch dazu zu einem guten Preis. Nach zwei Tagen Bedenkzeit kaufte ich das Rad. Nun stand einer Tour zum Senftenberger See nichts mehr im Wege; vielmehr bot sich die Gelegenheit einer umfassenden Probefahrt.

Ich fuhr kurz nach sechs Uhr los, als es gerade hell wurde, und nahm zunächst meine gewohnte Route Richtung Moritzburg am Heidefriedhof vorbei nach Boxdorf hinauf. Trotz neuer 7-Gang-Nabenschaltung schob ich den Boxdorfer Berg hinauf, nicht nur, weil er sehr steil ist, sondern auch wegen des Verkehrs. In Boxdorf aber entschied ich mich, entgegen meiner Gewohnheiten nicht die Alte Dresdner Straße, sondern direkt die Hauptallee entlang zu fahren. Meine bevorzugte Strecke ist ruhiger, führt aber ein Stück durch den Wald, und diesen Weg wollte ich am frühen Morgen nicht nehmen. Die Hauptallee ist meist sehr stark befahren, aber morgens sind die meisten Fahrzeuge stadtwärts unterwegs, und auf meiner Spur ging es recht ruhig zu.

Vorbei ging es am Schloss Moritzburg – der Schlossteich war eine einzige glatte Spiegelfläche – Richtung Wildgehege und Frauenteich. Ich bog nach rechts Richtung Großteich ab. Dort, am Großteich mit Leuchtturm, machte ich Frühstückspause. Diese Pause war mir den kleinen Umweg über Moritzburg wert. Auch am Großteich war es wunderbar friedlich, Wald und Wasser leuchteten im Glanz eines spätsommerlichen Morgens, der einen herrlichen Tag ankündigte. Enten und Gänse hockten noch verschlafen an den Ufern.

Ich fuhr weiter nach Cunertswalde, wo eine ruhige Straße Richtung Bärnsdorf und Radeburg abzweigt. Vor acht Jahren waren wir mit unseren Kindern an den Senftenberger See gefahren, ebenfalls mit Rädern. Als ich Richtung Radeburg fuhr, kamen die Erinnerungen an diese Fahrt wieder. Im Landgasthof Berbisdorf haben die Kinder Eis bekommen. Ich hatte nun keine Begleiter und würde auch weniger Pausen machen müssen. Damals haben wir auf dem Campingplatz in Radeburg einen Zwischenstopp gemacht. Das war dem Alter der Kinder und der Tatsache, dass wir kaum längere Touren machten, angemessen. Heute würde ich dort keine Übernachtung mehr einschieben.

Ich fuhr am Campingplatz vorbei bis an den Weg, der durch die Laußnitzer Heide Richtung Würschnitz führt. Das ist eine wirklich ruhige Strecke, und man darf den Hauptweg nicht verlassen – alle Seitenwege sind gesperrt. Allerdings nahm ich wohl einen falschen Abzweig und landete nicht in Würschnitz, sondern in Kleinnaundorf, was allerdings nicht weiter schlimm war. Vermutlich habe ich sogar abgekürzt, denn auch an die Ortsdurchfahrt durch Kleinnaundorf konnte ich mich erinnern. Von dort aus ging es über Hügelland nach Tauscha, Sacka, Stölpchen und weiter bis Ponickau; von Ponickau weiter nach Böhla – dort verlässt man Sachsen und fährt weiter in Brandenburg – und nach Hennersdorf und Kroppen. Die meisten Ortschaften liegen zwei, drei, manchmal vier Kilometer auseinander. Über diese kleinen Orte fährt es sich sehr angenehm; die Straßen sind relativ ruhig, wenn auch ab und an sogar ein Lastwagen kommt. Man fährt so zwischen Königsbrücker Heide und Autobahn relativ geradlinig nach Nordosten. Von Kroppen aus zweigt die Strecke aber stärker in östlicher Richtung ab nach Jannowitz. An diesen Ort konnte ich mich noch gut erinnern; es gibt dort einen wunderschönen, schattigen Rastplatz mit einem großen Tisch und Bänken, den ich in einem vergleichbar gutem Zustand vorfand wie vor acht Jahren. Das ist eine echte Wohltat auf dieser Strecke, wo es sonst an ruhigen Ecken und Rastplätzen mangelt. Auch dieses Mal nutzte ich die Gelegenheit; mochte aber nicht mehr als einen Müsliriegel essen. Bei längeren Touren habe ich selten Appetit, aber dennoch ist es ratsam, etwas zu sich zu nehmen; man spürt doch, dass selbst so ein klebriges und irgendwie synthetisch schmeckendes Ding Energie spendet. Nun, sagte ich mir, konnte es gar nicht mehr weit sein, aber wie es so ist: gerade das letzte Drittel der Hinfahrt zog sich in die Länge.

Von Jannowitz aus ging es über Hermsdorf nach Guteborn, dort beginnt der längste Abschnitt zwischen zwei Orten auf dieser Strecke, nämlich die Fahrt nach Grünewald auf einer sehr befahrenen Straße; mit den Kindern war es unangenehm gewesen, dort entlang zu fahren. In Grünewald war der Abzweig Hohenbocka – Hosena nicht zu übersehen. Die Strecke Lauta – Senftenberg war als gesperrt ausgewiesen, ich machte mir ein wenig Sorgen, vielleicht doch nicht zum See zu gelangen, denn großartige Umleitungen mochte ich nicht mehr fahren; es war mittlerweile heiß geworden, und ich wollte endlich ans Wasser. Aber ich verließ mich darauf, mit dem Rad irgendwie durchzukommen, und die kleine Umleitung in Hohenbocka war kein Problem; weiter ging es nach Hosena und von dort aus, das wusste ich genau, würde es nicht mehr weit sein. In Hosena muss man nur dem Hinweisschild zum Bahnhof folgen, am Bahnhof führt ein schmaler Weg vorbei zum Bahnübergang, und hinter dem Bahnübergang beginnen ausgeschilderte Rad- und Wanderwege zum Senftenberger See. Ich folgte dem Weg Richtung Großkoschen, nahm dann aber den falschen Abzweig und fuhr noch einen kleinen Umweg, der nicht direkt am See entlang, sondern in einigem Abstand davon nach Koschen führt. So dauerte es etwas länger, bis ich das Wasser zu sehen bekam. Der Weg führte mich aber dennoch genau an mein Ziel, den Ferienpark Großkoschen.

Der Ferienpark ist für Radfahrer und Fußgänger frei zugänglich, Autofahrer, die keine Feriengäste sind, können außerhalb gegen Gebühr parken. Ich stellte mein Rad in der Nähe des Aussichtsturmes ab und ging dort an den Strand. Es waren kaum Menschen dort, und das Wasser war noch angenehm und nicht zu kalt. Ich liebe dieses Seeufer mit dem breiten Sandstrand besonders, aber unser Sohn, der ein Auto hat und uns manchmal mitnimmt, fährt lieber nach Niemtsch. Nun war ich froh, mit dem Rad doch noch an meinen Lieblingsstrand gekommen zu sein. Nach dem Schwimmen gab es Mittagessen, Schokoladenpudding mit Banane, der viel besser schmeckte als Müsliriegel. Dann ruhte ich etwas aus, ging nochmal schwimmen, und nach 1 ½ Stunden Aufenthalt am Strand, die schnell vergangen waren, machte ich mich auf den Rückweg. Nun fuhr ich so lange wie möglich am See entlang, und dieser Weg, der auch nach Hosena führte, war der kürzere. Es war ein warmer Tag geworden, und ich tauschte den Helm gegen den Sonnenhut ein. Kurz vor Jannowitz nahm ich den Hut wieder ab und fuhr – zugegeben sehr unvorsichtig –ohne jegliche Kopfbedeckung. Allerdings muss ich betonen, dass so gut wie alle Auto- und Lastwagenfahrer einen weiten Bogen um mich machten und mich auch nicht bedrängten. Meine Abneigung gegen das Fahren auf Landstraßen hat deutlich nachgelassen: so lange sie mäßig befahren sind, kann man dort auch radeln.

Die Gangschaltung leistete mir gute Dienste, allerdings ist sie kein Wundermittel, man muss trotzdem treten. Aber ich war froh und glücklich über das stabile und voll gefederte Rad, das wirklich hervorragend für längere Touren geeignet ist. Es ging nun fast die gleiche Strecke zurück, aber die Rückfahrt strengte mehr an als die Hinfahrt, besonders wegen der Hitze. Mein Trinkvorrat von 4 ½ Litern erwies sich als ausreichend, aber weniger hätte es nicht sein dürfen. Auf Einkaufsmöglichkeiten sollte man sich gerade in kleineren Ortschaften nicht verlassen. Ich entschied mich gegen die Fahrt durch die Laußnitzer Heide und fuhr auf der Landstraße von Tauscha aus nach Radeburg. Der Verkehr auf dieser Strecke war auszuhalten, aber es ist keine empfohlene Radfahrerroute. Ich hatte Sorge, mich in der Heide zu verfahren, und die ausgeschilderte Streckenführung auf der Landstraße schien mir sicherer. Es war ein ganzes Stück bis Radeburg, und ich brauchte eine Pause.

Den geeigneten Pausenplatz fand ich erst am Rande des Heinrich-Zille-Radrundweges oberhalb von Radeburg, den ich kurzentschlossen genommen hatte. Ich hatte in Bärnsdorf diese Wegmarkierung gesehen und mir gedacht, dass ich mit diesem Weg keinen Fehler machen könnte. Diese Annahme erwies sich als falsch. Der Heinrich-Zille-Radrundweg ist nach meinem Empfinden eine Zumutung: schlecht bis gar nicht ausgeschildert, kann man seinen Verlauf oft nur erraten. Ein längeres Stück zwischen Radeburg und Berbisdorf ist am ehesten für Moutainbikes geeignet: ein ungepflegter Wiesenweg mit vereinzelten Schotterresten, viel zu selten markiert, Richtungshinweise fehlen völlig. Er führte an einer Wiese voller Graureiher vorbei, meinen Lieblingsvögeln, die sehr scheu sind, dass ich den Anblick kaum glauben mochte. Das entschädigte mich für diesen unsinnigen Umweg. Die sumpfigen Wiesen rechts und links sagten mir, dass Moritzburg nicht mehr weit sein konnte. Endlich kam ich an eine ordentliche Straße und fand ein Hinweisschild nach Bärwalde. Ein Blick auf die Karte sagte mir, dass mich dieser Weg zu weit westlich um Moritzburg herum führen würde. Auch dort entlang würde ich nach Hause kommen, aber ich wollte mir den Schlenker ersparen und über Volkersdorf fahren. Also folgte ich dem anderen Hinweisschild nach Berbisdorf. In Berbisdorf machte ich erneut den Fehler, den Heinrich-Zille-Hinweisschildern zu folgen. Kurz vor Radeburg kehrte ich um und nahm die andere Straße ohne Heinrich Zille. Nun gelangte ich endlich auf die Landstraße, von der ich gar nicht hätte abweichen sollen, und auf den schönen Radweg zwischen Berbisdorf und Bärnsdorf, den es vor acht Jahren noch nicht gegeben hat. Den Heinrich-Zille-Weg müssen, so mein Urteil, Geisteskranke errichtet haben. Als relativ Ortskundige merke ich schnell, wenn ich mich verfahren habe, aber wie soll es Leuten gehen, die neu in der Gegend sind! Den Bewohnern von Jannowitz dagegen würde ich für ihren schönen Rastplatz am liebsten einen Orden verleihen.

Von Bärnsdorf aus fuhr ich nach Cunertswalde, vom Wettinerhof aus ein Stück durch den Wald, dann auf einer schönen Straße Richtung Volkersdorf und schließlich nach Boxdorf. In Volkersdorf stärkte ich mich noch einmal mit einem Müsliriegel, denn allmählich wurde ich müde und mir war ein wenig bange vor den beiden Hügeln, die ich noch würde hinauffahren müssen. Die Hügel waren zu bewältigen, und einmal in Boxdorf angelangt, musste ich nur noch auf ebener Strecke oder bergab fahren. Ich fuhr links aus Boxdorf hinaus und an der Gaststätte „Waldmax“ vorbei hinunter ins Elbtal. Gegen 13 Uhr war ich in Großkoschen aufgebrochen, 18.45 war ich zuhause. Ich hatte für die Rückfahrt eine halbe Stunde länger als für die Hinfahrt gebraucht, und ohne den Heinrich-Zille-Radrund-Umweg wäre ich vermutlich noch etwas früher angekommen.

Schöner wäre es freilich gewesen, am Senftenberger See zu übernachten, aber ich musste am kommenden Tag zuhause sein, und so konnte ich die Erfahrung machen, dass Hin- und Rückfahrt an einem Tag zu bewältigen sind. Um die 150 Kilometer waren es insgesamt, und ich konnte mit mir und meinem neuen Rad zufrieden sein.