Montag, 13. Juni 2011

12.06. 2011 Schwepnitz-Senftenberger See-Geierswalder See - Bernsdorf - Wiednitz - Schwepnitz, ca. 83 km

Am Vorabend war ich noch lange wach und morgens zeitig wieder auf. Positive Aufregung stört mich jedoch nicht. Beim Blick aus dem Hotelzimmerfenster bemerke ich eine Elster und muss wieder an meine Omi denken und an die große weiße Porzellanelster auf ihrer Anrichte. Als Kind habe ich mich immer gewundert, warum ein Fluß – die Schwarze Elster, die hier in der Gegend fließt – ebenso wie ein Vogel heißen kann. Die Antwort kenne ich bis heute nicht.

9.15 Uhr brechen wir Richtung Senftenberger See auf. Ab und an sehnen wir uns nach dem See. Die Fahrt von Dresden aus dorthin ist für einigermaßen geübte Radfahrer durchaus zu schaffen. Ich bin einmal – in gutem Trainingszustand – beide Strecken an einem Tag gefahren. Zeitmangel, das Ende eines Sommers und brennendes Verlangen, noch einmal im See zu schwimmen, können einen diese Distanz schon mal überwinden lassen. Tagestouren dieser Größenordnung haben den Nachteil, dass das Erleben und Genießen der Umgebung kaum möglich ist. Deswegen habe ich immer mehr Lust auf Mehrtagestouren, bei denen man die Gegend besser kennenlernt und gewissermaßen für eine Weile woanders ankommt.

Wir fahren an der Schwepnitzer Kirche vorbei. Sie ist mit Hilfe von EU-Fördermitteln renoviert worden und ein kleines, schlichtes Schmuckstück. Die Straße führt uns nach Grüngräbchen, wo wir auf den Froschradweg treffen. Diesen Weg wollten wir am Ende unserer Tour zurück nach Schwepnitz nehmen, sind aber so davon angetan, dass wir spontan unseren Plan ändern und Richtung Wiednitz fahren. Frösche sehen und hören wir zwar nicht, aber die Gegend ist sehr reizvoll: Felder, Wiesen, Wald, romantische kleine Teiche. Als wir ein Stück geradelt sind, zweigt links ein grün markierter Weg ab, der in gutem Zustand ist. Vielleicht können wir hier abkürzen? Wir probieren es einfach aus und kommen in Sella an. Von dort aus können wir geradewegs zum See fahren – also bleibt es bei unserem ursprünglichen Plan. Der Streckenverlauf ist klar: geradeaus nach Grünwald, wo wir dem Wegweiser nach Senftenberg/Lauta folgen. Über Hohenbocka geht es nach Hosena. Hier sollte man keinesfalls rechts herum nach Senftenberg fahren, sondern weiter geradeaus zum Bahnhof. Dort hält man sich rechts, überquert hinter dem Bahnhofsgebäude die Gleise, fährt ein Stück geradeaus und an der nächsten Gabelung nach links. Dies ist der kürzeste Weg ans Wasser. Die Fahrt mit unseren bereits übermüdeten Kindern entlang der B 96 ist mir noch immer als Horrortrip in Erinnerung – damals haben wir mehr als einen Schutzengel gehabt.

Ein Stückchen fahren wir noch durch den Wald, aber auf einmal sehen wir den See vor uns. Hier geraten wir nun in lebhaften Pfingstausflugsverkehr. Zunächst fahren wir rechts herum zum Freizeitpark Großkoschen. Dort ist ziemlich viel los: Autos aus Dresden, Pirna, Meißen, sogar aus dem Erzgebirge kommen die Leute hierher. Auf den Hauptwegen durch den Freizeitpark herrscht Andrang, aber dann verteilt sich alles recht gut. Ich habe die Seeufer noch nie überfüllt erlebt; auch außerhalb des Freizeitparks gibt es genügend Badestellen. Wir stellen unsere Fahrräder am Aussichtspunkt ab. Noch sind kaum Leute im Wasser. Es ist nicht gerade heiß, knapp 21 Grad warm, das Wasser hat 20 Grad, und der Himmel ist leicht bewölkt. Zum Radfahren ist dieses Wetter ideal. Mich hält natürlich nichts auf der Liegewiese. Das Wasser ist herrlich zum Schwimmen und auch nicht zu kalt. Nach und nach kommen noch mehr Leute baden. Nachdem wir beide unsere Runden geschwommen sind, brechen wir wieder auf, denn wir haben noch einiges vor. Wir fahren ein Stück in entgegengesetzter Richtung nach Niemtsch. Auf dem Radweg, der rund um den See führt, herrscht reger Betrieb: Spaziergänger, Radfahrer und Skater sind unterwegs. Den Strand bei Niemtsch habe ich bisher nicht so gemocht, aber heute sind wir froh über den schmalen, wenig begangenen Pfad, der zum FKK-Strand führt. Hier gibt es zahlreiche kleine, geschützte Buchten. Wir finden es sehr praktisch, uns das Klamottengefummel und Handtuchhalten ersparen zu können. Das Wasser ist hier besonders klar und etwas wärmer als auf der anderen Seite, aber das Ufer ist abschüssiger, und es wird schnell tief. Auch hier bleiben wir nur zum Schwimmen und brechen bald wieder auf. Weiter geht es Richtung Brieske. Wir machen dieses Mal keinen Abstecher in diesen Ortsteil, in dem meine Großeltern und mein Vater früher gelebt haben, sondern fahren weiter nach Senftenberg. Immer wieder hat man Ausblicke auf den See, immer zeigt er sich ein wenig anders, aber seine Größe und Weite sind beeindruckend und schön, eine Wohltat für die Augen und die Seele. Die Weiterfahrt ist das immer weniger. Wir hatten vorgehabt, irgendwo Kaffee zu trinken, aber alles ist überfüllt. Großkoschen ist in Sichtweite; da kommt ein Rastplatz und ein Abzweig zum Geierswalder See, den wir nehmen wollen. Aber erst einmal machen wir Pause: zum Glück haben wir Verpflegung dabei. Danach überqueren wir die B 96 und fahren weiter nach Kleinkoschen. Bald geht es rechts herum nach Geierswalde. Um den Geierswalder See zu umrunden, hätten wir weiter geradeaus fahren müssen, was uns aber erst später klar wird. Auch diesen Weg teilen wir mit vielen Pfingstausflüglern. Irgendwann haben wir freie Sicht auf den See: eine herrliche hellblaue Wasseroberfläche, die Ufer sehen noch recht kahl und unberührt aus. Bei Geierswalde sieht man viele Zelte und einen Bootshafen. Auf dem See sind Motorboote unterwegs. Die schwimmenden Häuser hier haben mich immer sehr fasziniert, wenn ich sie auf Fotos sah. Dieser See könnte die perfekte Idylle sein, und es ist ein Jammer, mitzuerleben, wie er von Motorbooten aufgepflügt wird, die einen Höllenlärm machen. Wenn Träume zerstört werden, kann das mitunter für Gelassenheit und inneren Frieden sorgen und außerdem Energie für Neues freisetzen. Wir sparen uns den Abstecher zu den schwimmenden Häusern – dort werden wir mit Sicherheit niemals Urlaub machen. Wir fahren ein Stück aus Geierswalde hinaus, bis der Radweg nach Laubusch abzweigt. Die Kennzeichnung der Wege ist fast durchweg sehr gut. Eine ruhige Straße führt uns nach Lauta. Dort angekommen, entschließen wir uns, die Landstraße nach Torno zu nehmen und weiter nach Leipe und Bernsdorf zu fahren. Ein Kaffee wäre nun wirklich nötig, aber abseits der Touristenhochburgen ist hier rein gar nichts los. Man kann der Gegend nur wünschen, dass noch mehr Leute die bisher weniger besuchten, aber ebenfalls reizvollen Orte entdecken lernen. Wir stärken uns mit Cola und Eis von der Tankstelle.

Die sechs Kilometer bis Bernsdorf sind mit frischen Kräften recht schnell gefahren. Ich denke wieder an meine Großmutter und entfernte Verwandte, die wir manchmal mit ihr zusammen besucht haben. Meine Omi hat mir im Vorbeifahren immer das Denkmal für den letzten Wolf gezeigt, der hier geschossen wurde. Heute werden die Wölfe in der Lausitz wieder heimisch, was ich sehr schön finde.

Bernsdorf sieht fremd und anders aus, als ich es – wenn auch sehr bruchstückhaft – in Erinnerung habe. Ich hätte mich zuvor erkundigen sollen, wo genau unsere Verwandten gewohnt haben. Wir fahren weiter nach Wiednitz. Kurz bevor wir in den Ort hineinkommen, beobachten wir einen großen Graureiher. Den Froschradweg finden wir gut und genießen bald wieder die Fahrt durch den Wald. Schnell sind wir in Grüngräbchen und fahren zurück nach Schwepnitz. Wir waren beide ein wenig aus der Übung gekommen: auch meine letzte Radtour liegt einige Wochen zurück. 83 Kilometer sind – auch im Vergleich zum Vortag – eine schöne Strecke. Geringe Differenzen zwischen den Angaben meines Mannes und den Bikemap-Routen sind sicher darauf zurückzuführen, dass ich nicht jeden Wald- und Wiesenweg exakt nachzeichnen konnte.

Route

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