Mal wieder eine Radtour zu machen, war einer meiner größten Wünsche für meine Heimurlaubswoche. Ich fand unsere Mehrtagestour zu Pfingsten sehr schön und würde so etwas jederzeit gern wiederholen, aber mir fehlten meine „Alleingänge“. Genauso wie beim Laufen gefällt mir daran die Möglichkeit, mein Tempo, die Ziele und Gestaltung der Tour selbst zu bestimmen. Kompromisslosigkeit ist zwar eine Illusion, aber generell gehe ich Kompromisse sehr ungern ein.
Der Wecker klingelt kurz nach vier Uhr, und ich bin zunächst gar nicht begeistert davon. Aber ich weiß ja, warum ich zeitig losfahren möchte: am liebsten bin ich in den frühen Morgenstunden unterwegs. Heute kommt noch dazu, dass es sehr heiß werden soll; auch deshalb ist es sinnvoll, früh aufzubrechen. Am Vorabend habe ich mir schon die Fahrradtaschen gepackt, so dass ich wenig Zeit brauche – nur der Kaffee muss frisch aufgebrüht werden, denn ohne den geht morgens gar nichts. Es ist bereits hell draußen. Kurz vor fünf Uhr fahre ich los. Ich möchte heute nichts Neues erkunden, sondern mal wieder meine Lieblingsstrecke fahren, nach der ich mich seit Wochen sehne. Ich kürze auch nicht mit der S-Bahn ab, sondern genieße es, von zuhause aus über das Feld Richtung Kaditz und Altkaditz zu fahren. Ein paar Autos sind schon auf den Straßen und der eine oder andere Fußgänger, aber es ist noch sehr ruhig. Einfach wunderbar! Es geht unter der Autobahn hindurch. Vor einer längeren Radtour kommt bei mir immer Ferienstimmung auf, was sich durch den Anblick der Autobahn noch verstärkt: ähnlich wie bei Bahnanlagen, Zügen oder Flugzeugen denke ich ans Reisen.
Hinter Altkaditz fahre ich auf den Elberadweg, und es geht Richtung Meißen. In diese Richtung laufe ich ja oft, aber gerade deswegen wünsche ich mir, hier auch mit dem Rad unterwegs zu sein. Es ist immer reizvoll, eine Gegend auf andere Weise und in anderem Tempo zu durchqueren. Aus dem gleichen Grund gefällt mir auch eine Wanderung, ein Spaziergang oder Lauf auf einer Fahrradroute. Heute finde ich es großartig, schneller vorwärts zu kommen. Ich nehme mir aber auch Zeit zum Fotografieren, wann immer ich es möchte. Außerdem will ich notwendige Pausen nicht auslassen. Altkötzschenbroda muss alternativ durchfahren werden, weil am Elberadweg gebaut wird. Alles scheint noch zu schlafen. Das Rad rollt gerade so schön und ich verpasse das Ende der Umleitung. Ich möchte umdrehen, bemerke aber einen Radfahrer hinter mir und fahre rechts heran. Ich rechne schon damit, wegen meiner Unentschlossenheit angepöbelt zu werden – im Berufsverkehr neigen vor allem Männer zu solchen Reaktionen. Stattdessen erhalte ich den Rat, dass ich auch hier weiter Richtung Elberadweg fahren könne. Natürlich – wie konnte ich das vergessen; ich bin doch diese Strecke schon entlanggelaufen.
Die Sonne ist aufgegangen und färbt das Elbtal golden. Da ist schon die Elbbrücke von Niederwartha! Pferde und Kühe weiden auf den Elbwiesen. Mir fällt auf, dass an manchen Stellen der Boden die Wärme besser speichert als anderswo. Ich ziehe meine Jacke aus, aber dafür ist es noch zu frisch: ich muss sie wieder überziehen und ein Stück offen lassen. Noch im vorigen Jahr bin ich mit Radlerhose und normalen Sachen unterwegs gewesen. Das geht durchaus, aber da ich mir fürs Laufen Funktionskleidung zugelegt habe, nutze ich diese auch beim Radfahren.
Das Schild „Coswig – Heimatstadt der sächsischen Gesundheitsbeere“ lässt mich immer schmunzeln. Gemeint ist die Aroniabeere, die ja wohl gar nicht sächsischen Ursprungs ist – aber der Titel macht etwas her. Etwas darzustellen, bedeutet im Grunde, so zu tun als ob, und in unserer Welt geht es vor allem um Darstellung oder, mit Erich Fromm gesprochen, um Haben statt Sein. Aber ich will nicht ungerecht sein und eine Stadt verunglimpfen, die sich mit einem wohlklingenden Titel schmückt, denn immerhin gibt es hier wirklich Aroniabeeren.
Ich fahre an der Kötitzer Fähre vorbei. Bis hierher bin ich schon gelaufen, und künftig möchte ich noch weiter laufen. Aber heute geht es schneller und leichter voran. An der Elbinsel kann ich einen Reiher beobachten. In den Morgenstunden sieht man sie hier oft. Als ich weiterfahre, breitet sich das Elbtal vor mir aus – und eine Läuferin ist auf dem Weg. Einige Rennradfahrer überholen mich oder kommen mir entgegen, aber auch Männer in Arbeitskleidung und Schüler. Manche – und das sind meist nicht die sportlichen Fahrer – fallen durch ihre seltsam zappelnden, seitwärts ausladenden Bewegungen auf dem Rad auf. Das ist für mich immer höchste Alarmstufe, denn diese Fahrer sind meist unachtsam und unkontrolliert. An Engpässen halte ich schon mal an, wenn mir so einer entgegenkommt. Ich würde das als schlechten Fahrstil bezeichnen, aber sie finden sich vielleicht besonders lässig.
Halb sieben fahre ich durch Meißen und halte an dem Rastplatz hinter der Stadt, von wo aus man Dom und Albrechtsburg gut sehen kann. Hier mache ich Frühstückspause. Bei meinen letzten beiden Läufen habe ich nicht genug getrunken und war deshalb noch tagelang etwas schlapp. Außerdem habe ich den Fehler gemacht, an zwei Wochenenden nacheinander mein Laufpensum zu steigern, noch dazu in einer beruflichen Stresszeit. Es hat geklappt, aber ich möchte diese Woche kürzer treten, nach dem Motto: weniger ist mehr.
Nun kommt ein ganz idyllischer Abschnitt der sächsischen Weinstraße: hübsche kleine Dörfer, gepflegte Vorgärten, Weinberge, die Elbe und das Tal. In Diesbar möchte ich die nächste Pause machen, aber alle Bänke sind im Schatten und da ist es mir noch zu kühl. Ich fahre weiter Richtung Riesa und sehe bald die silbernen Schornsteine des Chemiewerks Nünchritz. Ein Schild weist auf die Leckwitzer Schanze hin: hier gab es slawische Siedlungen, und es sind einige interessante Bodenfunde gemacht worden. Die Schanze ist noch immer ein markanter Hügel in der Landschaft.
Es dauert nicht lange, und ich sehe die Windmühle bei Grödel. Hier lege ich die Knöchelbandage an. Der linke Fuß ist etwas instabil, seit ich damit einmal umgeknickt bin, und ich habe Schwierigkeiten beim Bergantreten. Er ist aber auch so etwas wie ein Alarmknopf, wenn ich es beim Sport übertrieben habe: der letzte lange Lauf war ein bisschen grenzwertig. Die Entscheidung ist gefallen: Riesa wird mein heutiger Wendepunkt sein. Der Radweg führt nun ein ganzes Stück über einen Deich hinweg und fährt sich sehr schön. Ich spiele mit dem Gedanken, vielleicht doch bis Strehla – aber diesen Wunsch streiche ich mir gleich wieder: Von Riesa sind es noch knapp 50 Kilometer bis nach Hause, das genügt für heute. Da wollte ich doch schon wieder über die Stränge schlagen!
Ich mache noch eine kurze Pause in Moritz und fahre weiter bis zur Riesaer Elbbrücke. Jacke endgültig weckpacken, Sonnenbrille auf, nachcremen und zurück. Pralles Sonnenlicht – wie habe ich das jemals nur ohne Sportbrille ausgehalten! Und ich habe leichten Gegenwind, was sehr angenehm ist. Nun fällt mir ein, dass ich mir bereits in Diesbar vorgenommen hatte, eine längere Pause zu machen. Das hole ich bei Grödel nach. Auf der Weiterfahrt begegne ich Radfahrern mit Packtaschen, aber dennoch ist es vergleichsweise ruhig auf dem Elberadweg. Es war richtig, heute die Landstraße zu meiden, denn wochentags sind dort Lastwagen unterwegs, und die Luft ist am Wasser gewiss auch angenehmer.
Die nächste längere Pause findet in Meißen statt. Ich merke schon seit einer Weile, dass ich aus der Übung gekommen bin: die Radfahr-Muskeln sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Das möchte ich, wenn es irgend geht, wieder ändern. Bei kleinen Hügeln bin ich etwas vorsichtig und schalte so weit es geht herunter. Ansonsten fährt es sich aber gut mit der Bandage. Heute trinke ich wirklich bei jeder Gelegenheit und bei jedem kleinsten Bedürfnis danach. Diese Radtour möchte ich nicht nachträglich als Strapaze empfinden. Einmal gehe ich hinunter ans Wasser; da ist ein richtiger Strand, und es duftet auch nach danach – fast wie am Meer. So gibt es immer mal einen kurzen Halt, und nach ziemlich genau sieben Stunden komme ich zuhause an.
Fotos
Dienstag, 28. Juni 2011
Montag, 13. Juni 2011
13.06.2011 Schwepnitz - Dresden über Kroppen, ca. 75 km
Wieder bin ich relativ früh auf und staune über meinen Mann, der mühelos jede Nacht 10 Stunden durchschlafen kann. Aber nach einer anstrengenden Woche sei ihm das gegönnt! Ich bin viel zu aufgeregt nach all den Eindrücken und lese noch eine Weile - auch das ist ein Luxus. Und beim Blick aus dem Fenster sehe ich die Elster wieder. Die Erinnerungen an meine Omi sind da, solange ich mich hier aufhalte.
Kurz nach neun Uhr brechen wir auf – nun geht es nach Hause zurück. Wir wollen eine andere Strecke nehmen und die Königsbrücker Heide ein Stück kennenlernen. Deshalb folgen wir der mit einer Fledermaus gekennzeichneten Heidetour Richtung Ortrand über Cosel. Dieser Waldweg ist wunderschön, so dass wir eher langsam fahren und uns nach allen Seiten umsehen. Wir kommen an stillen Teichen vorbei. An den Jungfrauenteich führt auch ein Weg, so dass wir anhalten und bis ans Wasser gehen. Bald sind wir in Cosel, einem hübschen, kleinen Ort, und folgen immer weiter der Markierung Richtung Kroppen. Hier ist nun mein Mann dabei, Erinnerungen aufzufrischen – er war während seiner Armeezeit in Kroppen stationiert. Der Waldweg, den wir fahren, ist ihm ebenso bekannt wie die Strecke durch den Ort. Die Heidetour zweigt in verschiedene Richtungen ab; wir fahren weiter nach Ortrand. Heute begegnen wir schon am Vormittag einigen Radfahrern – Paaren oder Gruppen. Als wir in Böhla ankommen, wird uns bewusst, dass wir schon lange keine Wegmarkierung mehr gesehen haben, und als wir uns während einer Rast an der Karte orientieren, wird uns klar, dass wir die Heidetour verlassen haben. Zurückfahren möchten wir aber auch nicht mehr, zumal wir wissen, dass wir über Ponickau gut nach Dresden fahren können. Ein bisschen bedauern wir es, diesen Weg nicht weitergefahren zu sein. Die Königsbrücker Heide war jahrelang militärisches Sperrgebiet und ist nun ein Naturschutzgebiet, durch das man nur auf wenigen markierten Wegen wandern oder fahren kann. Wir werden sie ein andermal erkunden. Unsere Radwanderkarte „Lausitz-Östliches Erzgebirge“ führt uns über eine ruhige Landstraße nach Ponickau und weiter nach Stölpchen. In diesen kleinen Ortschaften gibt es so gut wie keine Einkaufs- oder Einkehrmöglichkeiten, so dass es ratsam ist, Verpflegung und vor allem ausreichenden Trinkvorrat mitzunehmen. Beim Fahren über Hügelland verbraucht man einiges an Kalorien und muss hin und wieder etwas zu sich nehmen, wenn man leistungsfähig bleiben möchte. Morgens und abends waren wir im Hotel gut versorgt, und das war auch nötig. In Stölpchen kommen wir an eine Kreuzung. Rechts herum geht es nach Thiendorf, die Straße, die zunächst geradeaus weiter geht, aber einen Linksbogen macht, geht nach Lüttichau. Wo entlang geht es nach Sacka? Eine schmale Straße führt rechts herum bergan. Wir fahren geradeaus weiter auf einen Wald zu – und sind bald mittendrin. Meine Erinnerungen an Fahrten in dieser Gegend sind nicht mehr so gut, und wir ziehen das Navigationssystem meines Mannes zu Rate. Es zeigt uns eine Route durch den Wald, die uns ebenfalls nach Hause führt. Nach einer Weile treffen wir einen gut befestigten Waldweg – und finden unser Fledermauszeichen wieder! Erfreut folgen wir ihm und möchten so bis nach Tauscha gelangen. Wir fahren weiter über eine ruhige Straße, die schließlich eine Schnellstraße trifft. Hier bleibt uns nichts weiter übrig, als ein Stück rechts herum auf der B 98 zu fahren. Der Wegweiser Radeburg-Sacka sagt uns, dass wir richtig sind, und eine Alternative gibt es gerade nicht. Den nächsten Abzweig nach links fahren wir rein gefühlsmäßig hinunter; es gibt keinen Wegweiser. Der kleine Ort, auf den wir zufahren, ist tatsächlich Sacka. Hier folgen wir dem Hinweisschild Radeburg – Tauscha und sind bald in Tauscha angelangt. Dort fragen wir nach dem Weg nach Kleinnaundorf. Wir sollen der Hauptstraße folgen und an einem Sportplatz links abbiegen. An der nächsten Kreuzung fragen wir noch einmal und werden noch ein Stück geradeaus Richtung Radeburg geschickt. Die übernächste Querstraße links führt tatsächlich zum Sportplatz, und wir nehmen den Weg, der dort in den Wald führt. Bald verfluche ich diese kleinen Nester ohne jegliche Radwegmarkierung. Andere Strecken sind wesentlich besser beschildert. Wieder stehen wir mitten in der Heide und müssen das Navi einschalten. Tatsächlich zeigt es uns den Weg nach Kleinnaundorf/Würschnitz: wir fahren erst links und dann rechts herum. Nach einer Weile geraten wir an eine große Wegkreuzung. Hier kommen Radfahrer, die uns den Weg zum Radeburger Stausee über Würschnitz beschreiben können. Bis nach Würschnitz hinein sollen wir fahren und an der Bushaltestelle links abbiegen. Wir finden alles wie beschrieben, folgen der Radeburger Straße und gelangen wieder an einen Waldweg, der schnurgeradeaus durch die Laußnitzer Heide führt. Wir hätten auch über die Landstraße nach Radeburg fahren können. Diese Strecke ist leicht zu finden, aber stark befahren und nicht unbedingt für Radfahrer geeignet. Der Waldweg zieht sich in die Länge. Hier sehen wir die Spuren der Verwüstung; auch hier ist der Tornado durchgekommen. Endlich endet der Wald, und wir sind am Radeburger Stausee. Es gibt noch einen kürzeren Waldweg, den wir aber verfehlt haben. Hier am Stausee ist ein Campingplatz, und es ist ziemlich unverständlich, warum es so wenig Hinweisschilder und Wegmarkierungen gibt.
Nach einer kurzen Rast überqueren wir auf einer Brücke die A13, wenden uns nach links, fahren weiter im Ort Richtung Bahnhof und dann Richtung Moritzburg über Berbisdorf. Erst am Ortsende von Berbisdorf beginnt an der rechten Straßenseite ein Radweg. Die restliche Strecke bis nach Hause ist uns ganz gut bekannt. In Bärnsdorf biegen wir in die Cunnertswalder Straße ein und merken bald, dass dies ein Abzweig zu früh war. Die nächste Querstraße rechts herum hätte uns direkt nach Volkersdorf geführt. Nun bleibt uns nichts weiter übrig, als durch Cunnertswalde zu fahren, einen sandigen Wald- und Wiesenweg Richtung Moritzburg zu nehmen und dann links herum nach Volkersdorf abzubiegen. Hier geht es an den Waldteichen und dem Campingplatz vorbei Richtung Boxdorf. Uns erwarten noch zwei Anstiege, die bewältigt werden müssen. Oben angekommen, machen wir das letzte Mal Pause. In Boxdorf biegen wir links ab und fahren am Waldmax ins Elbtal hinunter. Über die Moritzburger Straße und Neuländer Straße geht es nach Hause zurück, wo wir kurz vor 15 Uhr ankommen. Wir haben neue Orte gesehen und Wege entdeckt, die uns künftig reizen könnten.
Route
Kurz nach neun Uhr brechen wir auf – nun geht es nach Hause zurück. Wir wollen eine andere Strecke nehmen und die Königsbrücker Heide ein Stück kennenlernen. Deshalb folgen wir der mit einer Fledermaus gekennzeichneten Heidetour Richtung Ortrand über Cosel. Dieser Waldweg ist wunderschön, so dass wir eher langsam fahren und uns nach allen Seiten umsehen. Wir kommen an stillen Teichen vorbei. An den Jungfrauenteich führt auch ein Weg, so dass wir anhalten und bis ans Wasser gehen. Bald sind wir in Cosel, einem hübschen, kleinen Ort, und folgen immer weiter der Markierung Richtung Kroppen. Hier ist nun mein Mann dabei, Erinnerungen aufzufrischen – er war während seiner Armeezeit in Kroppen stationiert. Der Waldweg, den wir fahren, ist ihm ebenso bekannt wie die Strecke durch den Ort. Die Heidetour zweigt in verschiedene Richtungen ab; wir fahren weiter nach Ortrand. Heute begegnen wir schon am Vormittag einigen Radfahrern – Paaren oder Gruppen. Als wir in Böhla ankommen, wird uns bewusst, dass wir schon lange keine Wegmarkierung mehr gesehen haben, und als wir uns während einer Rast an der Karte orientieren, wird uns klar, dass wir die Heidetour verlassen haben. Zurückfahren möchten wir aber auch nicht mehr, zumal wir wissen, dass wir über Ponickau gut nach Dresden fahren können. Ein bisschen bedauern wir es, diesen Weg nicht weitergefahren zu sein. Die Königsbrücker Heide war jahrelang militärisches Sperrgebiet und ist nun ein Naturschutzgebiet, durch das man nur auf wenigen markierten Wegen wandern oder fahren kann. Wir werden sie ein andermal erkunden. Unsere Radwanderkarte „Lausitz-Östliches Erzgebirge“ führt uns über eine ruhige Landstraße nach Ponickau und weiter nach Stölpchen. In diesen kleinen Ortschaften gibt es so gut wie keine Einkaufs- oder Einkehrmöglichkeiten, so dass es ratsam ist, Verpflegung und vor allem ausreichenden Trinkvorrat mitzunehmen. Beim Fahren über Hügelland verbraucht man einiges an Kalorien und muss hin und wieder etwas zu sich nehmen, wenn man leistungsfähig bleiben möchte. Morgens und abends waren wir im Hotel gut versorgt, und das war auch nötig. In Stölpchen kommen wir an eine Kreuzung. Rechts herum geht es nach Thiendorf, die Straße, die zunächst geradeaus weiter geht, aber einen Linksbogen macht, geht nach Lüttichau. Wo entlang geht es nach Sacka? Eine schmale Straße führt rechts herum bergan. Wir fahren geradeaus weiter auf einen Wald zu – und sind bald mittendrin. Meine Erinnerungen an Fahrten in dieser Gegend sind nicht mehr so gut, und wir ziehen das Navigationssystem meines Mannes zu Rate. Es zeigt uns eine Route durch den Wald, die uns ebenfalls nach Hause führt. Nach einer Weile treffen wir einen gut befestigten Waldweg – und finden unser Fledermauszeichen wieder! Erfreut folgen wir ihm und möchten so bis nach Tauscha gelangen. Wir fahren weiter über eine ruhige Straße, die schließlich eine Schnellstraße trifft. Hier bleibt uns nichts weiter übrig, als ein Stück rechts herum auf der B 98 zu fahren. Der Wegweiser Radeburg-Sacka sagt uns, dass wir richtig sind, und eine Alternative gibt es gerade nicht. Den nächsten Abzweig nach links fahren wir rein gefühlsmäßig hinunter; es gibt keinen Wegweiser. Der kleine Ort, auf den wir zufahren, ist tatsächlich Sacka. Hier folgen wir dem Hinweisschild Radeburg – Tauscha und sind bald in Tauscha angelangt. Dort fragen wir nach dem Weg nach Kleinnaundorf. Wir sollen der Hauptstraße folgen und an einem Sportplatz links abbiegen. An der nächsten Kreuzung fragen wir noch einmal und werden noch ein Stück geradeaus Richtung Radeburg geschickt. Die übernächste Querstraße links führt tatsächlich zum Sportplatz, und wir nehmen den Weg, der dort in den Wald führt. Bald verfluche ich diese kleinen Nester ohne jegliche Radwegmarkierung. Andere Strecken sind wesentlich besser beschildert. Wieder stehen wir mitten in der Heide und müssen das Navi einschalten. Tatsächlich zeigt es uns den Weg nach Kleinnaundorf/Würschnitz: wir fahren erst links und dann rechts herum. Nach einer Weile geraten wir an eine große Wegkreuzung. Hier kommen Radfahrer, die uns den Weg zum Radeburger Stausee über Würschnitz beschreiben können. Bis nach Würschnitz hinein sollen wir fahren und an der Bushaltestelle links abbiegen. Wir finden alles wie beschrieben, folgen der Radeburger Straße und gelangen wieder an einen Waldweg, der schnurgeradeaus durch die Laußnitzer Heide führt. Wir hätten auch über die Landstraße nach Radeburg fahren können. Diese Strecke ist leicht zu finden, aber stark befahren und nicht unbedingt für Radfahrer geeignet. Der Waldweg zieht sich in die Länge. Hier sehen wir die Spuren der Verwüstung; auch hier ist der Tornado durchgekommen. Endlich endet der Wald, und wir sind am Radeburger Stausee. Es gibt noch einen kürzeren Waldweg, den wir aber verfehlt haben. Hier am Stausee ist ein Campingplatz, und es ist ziemlich unverständlich, warum es so wenig Hinweisschilder und Wegmarkierungen gibt.
Nach einer kurzen Rast überqueren wir auf einer Brücke die A13, wenden uns nach links, fahren weiter im Ort Richtung Bahnhof und dann Richtung Moritzburg über Berbisdorf. Erst am Ortsende von Berbisdorf beginnt an der rechten Straßenseite ein Radweg. Die restliche Strecke bis nach Hause ist uns ganz gut bekannt. In Bärnsdorf biegen wir in die Cunnertswalder Straße ein und merken bald, dass dies ein Abzweig zu früh war. Die nächste Querstraße rechts herum hätte uns direkt nach Volkersdorf geführt. Nun bleibt uns nichts weiter übrig, als durch Cunnertswalde zu fahren, einen sandigen Wald- und Wiesenweg Richtung Moritzburg zu nehmen und dann links herum nach Volkersdorf abzubiegen. Hier geht es an den Waldteichen und dem Campingplatz vorbei Richtung Boxdorf. Uns erwarten noch zwei Anstiege, die bewältigt werden müssen. Oben angekommen, machen wir das letzte Mal Pause. In Boxdorf biegen wir links ab und fahren am Waldmax ins Elbtal hinunter. Über die Moritzburger Straße und Neuländer Straße geht es nach Hause zurück, wo wir kurz vor 15 Uhr ankommen. Wir haben neue Orte gesehen und Wege entdeckt, die uns künftig reizen könnten.
Route
12.06. 2011 Schwepnitz-Senftenberger See-Geierswalder See - Bernsdorf - Wiednitz - Schwepnitz, ca. 83 km
Am Vorabend war ich noch lange wach und morgens zeitig wieder auf. Positive Aufregung stört mich jedoch nicht. Beim Blick aus dem Hotelzimmerfenster bemerke ich eine Elster und muss wieder an meine Omi denken und an die große weiße Porzellanelster auf ihrer Anrichte. Als Kind habe ich mich immer gewundert, warum ein Fluß – die Schwarze Elster, die hier in der Gegend fließt – ebenso wie ein Vogel heißen kann. Die Antwort kenne ich bis heute nicht.
9.15 Uhr brechen wir Richtung Senftenberger See auf. Ab und an sehnen wir uns nach dem See. Die Fahrt von Dresden aus dorthin ist für einigermaßen geübte Radfahrer durchaus zu schaffen. Ich bin einmal – in gutem Trainingszustand – beide Strecken an einem Tag gefahren. Zeitmangel, das Ende eines Sommers und brennendes Verlangen, noch einmal im See zu schwimmen, können einen diese Distanz schon mal überwinden lassen. Tagestouren dieser Größenordnung haben den Nachteil, dass das Erleben und Genießen der Umgebung kaum möglich ist. Deswegen habe ich immer mehr Lust auf Mehrtagestouren, bei denen man die Gegend besser kennenlernt und gewissermaßen für eine Weile woanders ankommt.
Wir fahren an der Schwepnitzer Kirche vorbei. Sie ist mit Hilfe von EU-Fördermitteln renoviert worden und ein kleines, schlichtes Schmuckstück. Die Straße führt uns nach Grüngräbchen, wo wir auf den Froschradweg treffen. Diesen Weg wollten wir am Ende unserer Tour zurück nach Schwepnitz nehmen, sind aber so davon angetan, dass wir spontan unseren Plan ändern und Richtung Wiednitz fahren. Frösche sehen und hören wir zwar nicht, aber die Gegend ist sehr reizvoll: Felder, Wiesen, Wald, romantische kleine Teiche. Als wir ein Stück geradelt sind, zweigt links ein grün markierter Weg ab, der in gutem Zustand ist. Vielleicht können wir hier abkürzen? Wir probieren es einfach aus und kommen in Sella an. Von dort aus können wir geradewegs zum See fahren – also bleibt es bei unserem ursprünglichen Plan. Der Streckenverlauf ist klar: geradeaus nach Grünwald, wo wir dem Wegweiser nach Senftenberg/Lauta folgen. Über Hohenbocka geht es nach Hosena. Hier sollte man keinesfalls rechts herum nach Senftenberg fahren, sondern weiter geradeaus zum Bahnhof. Dort hält man sich rechts, überquert hinter dem Bahnhofsgebäude die Gleise, fährt ein Stück geradeaus und an der nächsten Gabelung nach links. Dies ist der kürzeste Weg ans Wasser. Die Fahrt mit unseren bereits übermüdeten Kindern entlang der B 96 ist mir noch immer als Horrortrip in Erinnerung – damals haben wir mehr als einen Schutzengel gehabt.
Ein Stückchen fahren wir noch durch den Wald, aber auf einmal sehen wir den See vor uns. Hier geraten wir nun in lebhaften Pfingstausflugsverkehr. Zunächst fahren wir rechts herum zum Freizeitpark Großkoschen. Dort ist ziemlich viel los: Autos aus Dresden, Pirna, Meißen, sogar aus dem Erzgebirge kommen die Leute hierher. Auf den Hauptwegen durch den Freizeitpark herrscht Andrang, aber dann verteilt sich alles recht gut. Ich habe die Seeufer noch nie überfüllt erlebt; auch außerhalb des Freizeitparks gibt es genügend Badestellen. Wir stellen unsere Fahrräder am Aussichtspunkt ab. Noch sind kaum Leute im Wasser. Es ist nicht gerade heiß, knapp 21 Grad warm, das Wasser hat 20 Grad, und der Himmel ist leicht bewölkt. Zum Radfahren ist dieses Wetter ideal. Mich hält natürlich nichts auf der Liegewiese. Das Wasser ist herrlich zum Schwimmen und auch nicht zu kalt. Nach und nach kommen noch mehr Leute baden. Nachdem wir beide unsere Runden geschwommen sind, brechen wir wieder auf, denn wir haben noch einiges vor. Wir fahren ein Stück in entgegengesetzter Richtung nach Niemtsch. Auf dem Radweg, der rund um den See führt, herrscht reger Betrieb: Spaziergänger, Radfahrer und Skater sind unterwegs. Den Strand bei Niemtsch habe ich bisher nicht so gemocht, aber heute sind wir froh über den schmalen, wenig begangenen Pfad, der zum FKK-Strand führt. Hier gibt es zahlreiche kleine, geschützte Buchten. Wir finden es sehr praktisch, uns das Klamottengefummel und Handtuchhalten ersparen zu können. Das Wasser ist hier besonders klar und etwas wärmer als auf der anderen Seite, aber das Ufer ist abschüssiger, und es wird schnell tief. Auch hier bleiben wir nur zum Schwimmen und brechen bald wieder auf. Weiter geht es Richtung Brieske. Wir machen dieses Mal keinen Abstecher in diesen Ortsteil, in dem meine Großeltern und mein Vater früher gelebt haben, sondern fahren weiter nach Senftenberg. Immer wieder hat man Ausblicke auf den See, immer zeigt er sich ein wenig anders, aber seine Größe und Weite sind beeindruckend und schön, eine Wohltat für die Augen und die Seele. Die Weiterfahrt ist das immer weniger. Wir hatten vorgehabt, irgendwo Kaffee zu trinken, aber alles ist überfüllt. Großkoschen ist in Sichtweite; da kommt ein Rastplatz und ein Abzweig zum Geierswalder See, den wir nehmen wollen. Aber erst einmal machen wir Pause: zum Glück haben wir Verpflegung dabei. Danach überqueren wir die B 96 und fahren weiter nach Kleinkoschen. Bald geht es rechts herum nach Geierswalde. Um den Geierswalder See zu umrunden, hätten wir weiter geradeaus fahren müssen, was uns aber erst später klar wird. Auch diesen Weg teilen wir mit vielen Pfingstausflüglern. Irgendwann haben wir freie Sicht auf den See: eine herrliche hellblaue Wasseroberfläche, die Ufer sehen noch recht kahl und unberührt aus. Bei Geierswalde sieht man viele Zelte und einen Bootshafen. Auf dem See sind Motorboote unterwegs. Die schwimmenden Häuser hier haben mich immer sehr fasziniert, wenn ich sie auf Fotos sah. Dieser See könnte die perfekte Idylle sein, und es ist ein Jammer, mitzuerleben, wie er von Motorbooten aufgepflügt wird, die einen Höllenlärm machen. Wenn Träume zerstört werden, kann das mitunter für Gelassenheit und inneren Frieden sorgen und außerdem Energie für Neues freisetzen. Wir sparen uns den Abstecher zu den schwimmenden Häusern – dort werden wir mit Sicherheit niemals Urlaub machen. Wir fahren ein Stück aus Geierswalde hinaus, bis der Radweg nach Laubusch abzweigt. Die Kennzeichnung der Wege ist fast durchweg sehr gut. Eine ruhige Straße führt uns nach Lauta. Dort angekommen, entschließen wir uns, die Landstraße nach Torno zu nehmen und weiter nach Leipe und Bernsdorf zu fahren. Ein Kaffee wäre nun wirklich nötig, aber abseits der Touristenhochburgen ist hier rein gar nichts los. Man kann der Gegend nur wünschen, dass noch mehr Leute die bisher weniger besuchten, aber ebenfalls reizvollen Orte entdecken lernen. Wir stärken uns mit Cola und Eis von der Tankstelle.
Die sechs Kilometer bis Bernsdorf sind mit frischen Kräften recht schnell gefahren. Ich denke wieder an meine Großmutter und entfernte Verwandte, die wir manchmal mit ihr zusammen besucht haben. Meine Omi hat mir im Vorbeifahren immer das Denkmal für den letzten Wolf gezeigt, der hier geschossen wurde. Heute werden die Wölfe in der Lausitz wieder heimisch, was ich sehr schön finde.
Bernsdorf sieht fremd und anders aus, als ich es – wenn auch sehr bruchstückhaft – in Erinnerung habe. Ich hätte mich zuvor erkundigen sollen, wo genau unsere Verwandten gewohnt haben. Wir fahren weiter nach Wiednitz. Kurz bevor wir in den Ort hineinkommen, beobachten wir einen großen Graureiher. Den Froschradweg finden wir gut und genießen bald wieder die Fahrt durch den Wald. Schnell sind wir in Grüngräbchen und fahren zurück nach Schwepnitz. Wir waren beide ein wenig aus der Übung gekommen: auch meine letzte Radtour liegt einige Wochen zurück. 83 Kilometer sind – auch im Vergleich zum Vortag – eine schöne Strecke. Geringe Differenzen zwischen den Angaben meines Mannes und den Bikemap-Routen sind sicher darauf zurückzuführen, dass ich nicht jeden Wald- und Wiesenweg exakt nachzeichnen konnte.
Route
9.15 Uhr brechen wir Richtung Senftenberger See auf. Ab und an sehnen wir uns nach dem See. Die Fahrt von Dresden aus dorthin ist für einigermaßen geübte Radfahrer durchaus zu schaffen. Ich bin einmal – in gutem Trainingszustand – beide Strecken an einem Tag gefahren. Zeitmangel, das Ende eines Sommers und brennendes Verlangen, noch einmal im See zu schwimmen, können einen diese Distanz schon mal überwinden lassen. Tagestouren dieser Größenordnung haben den Nachteil, dass das Erleben und Genießen der Umgebung kaum möglich ist. Deswegen habe ich immer mehr Lust auf Mehrtagestouren, bei denen man die Gegend besser kennenlernt und gewissermaßen für eine Weile woanders ankommt.
Wir fahren an der Schwepnitzer Kirche vorbei. Sie ist mit Hilfe von EU-Fördermitteln renoviert worden und ein kleines, schlichtes Schmuckstück. Die Straße führt uns nach Grüngräbchen, wo wir auf den Froschradweg treffen. Diesen Weg wollten wir am Ende unserer Tour zurück nach Schwepnitz nehmen, sind aber so davon angetan, dass wir spontan unseren Plan ändern und Richtung Wiednitz fahren. Frösche sehen und hören wir zwar nicht, aber die Gegend ist sehr reizvoll: Felder, Wiesen, Wald, romantische kleine Teiche. Als wir ein Stück geradelt sind, zweigt links ein grün markierter Weg ab, der in gutem Zustand ist. Vielleicht können wir hier abkürzen? Wir probieren es einfach aus und kommen in Sella an. Von dort aus können wir geradewegs zum See fahren – also bleibt es bei unserem ursprünglichen Plan. Der Streckenverlauf ist klar: geradeaus nach Grünwald, wo wir dem Wegweiser nach Senftenberg/Lauta folgen. Über Hohenbocka geht es nach Hosena. Hier sollte man keinesfalls rechts herum nach Senftenberg fahren, sondern weiter geradeaus zum Bahnhof. Dort hält man sich rechts, überquert hinter dem Bahnhofsgebäude die Gleise, fährt ein Stück geradeaus und an der nächsten Gabelung nach links. Dies ist der kürzeste Weg ans Wasser. Die Fahrt mit unseren bereits übermüdeten Kindern entlang der B 96 ist mir noch immer als Horrortrip in Erinnerung – damals haben wir mehr als einen Schutzengel gehabt.
Ein Stückchen fahren wir noch durch den Wald, aber auf einmal sehen wir den See vor uns. Hier geraten wir nun in lebhaften Pfingstausflugsverkehr. Zunächst fahren wir rechts herum zum Freizeitpark Großkoschen. Dort ist ziemlich viel los: Autos aus Dresden, Pirna, Meißen, sogar aus dem Erzgebirge kommen die Leute hierher. Auf den Hauptwegen durch den Freizeitpark herrscht Andrang, aber dann verteilt sich alles recht gut. Ich habe die Seeufer noch nie überfüllt erlebt; auch außerhalb des Freizeitparks gibt es genügend Badestellen. Wir stellen unsere Fahrräder am Aussichtspunkt ab. Noch sind kaum Leute im Wasser. Es ist nicht gerade heiß, knapp 21 Grad warm, das Wasser hat 20 Grad, und der Himmel ist leicht bewölkt. Zum Radfahren ist dieses Wetter ideal. Mich hält natürlich nichts auf der Liegewiese. Das Wasser ist herrlich zum Schwimmen und auch nicht zu kalt. Nach und nach kommen noch mehr Leute baden. Nachdem wir beide unsere Runden geschwommen sind, brechen wir wieder auf, denn wir haben noch einiges vor. Wir fahren ein Stück in entgegengesetzter Richtung nach Niemtsch. Auf dem Radweg, der rund um den See führt, herrscht reger Betrieb: Spaziergänger, Radfahrer und Skater sind unterwegs. Den Strand bei Niemtsch habe ich bisher nicht so gemocht, aber heute sind wir froh über den schmalen, wenig begangenen Pfad, der zum FKK-Strand führt. Hier gibt es zahlreiche kleine, geschützte Buchten. Wir finden es sehr praktisch, uns das Klamottengefummel und Handtuchhalten ersparen zu können. Das Wasser ist hier besonders klar und etwas wärmer als auf der anderen Seite, aber das Ufer ist abschüssiger, und es wird schnell tief. Auch hier bleiben wir nur zum Schwimmen und brechen bald wieder auf. Weiter geht es Richtung Brieske. Wir machen dieses Mal keinen Abstecher in diesen Ortsteil, in dem meine Großeltern und mein Vater früher gelebt haben, sondern fahren weiter nach Senftenberg. Immer wieder hat man Ausblicke auf den See, immer zeigt er sich ein wenig anders, aber seine Größe und Weite sind beeindruckend und schön, eine Wohltat für die Augen und die Seele. Die Weiterfahrt ist das immer weniger. Wir hatten vorgehabt, irgendwo Kaffee zu trinken, aber alles ist überfüllt. Großkoschen ist in Sichtweite; da kommt ein Rastplatz und ein Abzweig zum Geierswalder See, den wir nehmen wollen. Aber erst einmal machen wir Pause: zum Glück haben wir Verpflegung dabei. Danach überqueren wir die B 96 und fahren weiter nach Kleinkoschen. Bald geht es rechts herum nach Geierswalde. Um den Geierswalder See zu umrunden, hätten wir weiter geradeaus fahren müssen, was uns aber erst später klar wird. Auch diesen Weg teilen wir mit vielen Pfingstausflüglern. Irgendwann haben wir freie Sicht auf den See: eine herrliche hellblaue Wasseroberfläche, die Ufer sehen noch recht kahl und unberührt aus. Bei Geierswalde sieht man viele Zelte und einen Bootshafen. Auf dem See sind Motorboote unterwegs. Die schwimmenden Häuser hier haben mich immer sehr fasziniert, wenn ich sie auf Fotos sah. Dieser See könnte die perfekte Idylle sein, und es ist ein Jammer, mitzuerleben, wie er von Motorbooten aufgepflügt wird, die einen Höllenlärm machen. Wenn Träume zerstört werden, kann das mitunter für Gelassenheit und inneren Frieden sorgen und außerdem Energie für Neues freisetzen. Wir sparen uns den Abstecher zu den schwimmenden Häusern – dort werden wir mit Sicherheit niemals Urlaub machen. Wir fahren ein Stück aus Geierswalde hinaus, bis der Radweg nach Laubusch abzweigt. Die Kennzeichnung der Wege ist fast durchweg sehr gut. Eine ruhige Straße führt uns nach Lauta. Dort angekommen, entschließen wir uns, die Landstraße nach Torno zu nehmen und weiter nach Leipe und Bernsdorf zu fahren. Ein Kaffee wäre nun wirklich nötig, aber abseits der Touristenhochburgen ist hier rein gar nichts los. Man kann der Gegend nur wünschen, dass noch mehr Leute die bisher weniger besuchten, aber ebenfalls reizvollen Orte entdecken lernen. Wir stärken uns mit Cola und Eis von der Tankstelle.
Die sechs Kilometer bis Bernsdorf sind mit frischen Kräften recht schnell gefahren. Ich denke wieder an meine Großmutter und entfernte Verwandte, die wir manchmal mit ihr zusammen besucht haben. Meine Omi hat mir im Vorbeifahren immer das Denkmal für den letzten Wolf gezeigt, der hier geschossen wurde. Heute werden die Wölfe in der Lausitz wieder heimisch, was ich sehr schön finde.
Bernsdorf sieht fremd und anders aus, als ich es – wenn auch sehr bruchstückhaft – in Erinnerung habe. Ich hätte mich zuvor erkundigen sollen, wo genau unsere Verwandten gewohnt haben. Wir fahren weiter nach Wiednitz. Kurz bevor wir in den Ort hineinkommen, beobachten wir einen großen Graureiher. Den Froschradweg finden wir gut und genießen bald wieder die Fahrt durch den Wald. Schnell sind wir in Grüngräbchen und fahren zurück nach Schwepnitz. Wir waren beide ein wenig aus der Übung gekommen: auch meine letzte Radtour liegt einige Wochen zurück. 83 Kilometer sind – auch im Vergleich zum Vortag – eine schöne Strecke. Geringe Differenzen zwischen den Angaben meines Mannes und den Bikemap-Routen sind sicher darauf zurückzuführen, dass ich nicht jeden Wald- und Wiesenweg exakt nachzeichnen konnte.
Route
11.06.2011 Dresden-Schwepnitz über Seifersdorf, ca. 50 km
Mein Mann und ich haben uns nach einer hektischen Woche zu einem Kurzurlaub in der Lausitz entschlossen. Die Wetterprognosen, die zunächst gar nicht so gut aussahen, haben sich von Tag zu Tag verbessert, so dass ich am Mittwoch Abend das Hotel gebucht habe.
Als wir gegen 10.45 Uhr in Dresden starten und mit den Rädern nach Norden fahren, sind wir froh, die Stadt hinter uns lassen zu können. Stau auf der Leipziger Straße, Unmengen von Menschen auf Rad- und Fußwegen – da kann man nur noch flüchten. Es ist sonnig und ziemlich warm. An der Stauffenbergallee entscheiden wir uns, durch die Heide zu fahren. Über die Marienallee gelangen wir in den Wald und haben gleich einen langen Anstieg zu bewältigen. Aber es ist still und angenehm kühl hier. Erst nach einigen Kilometern begegnen wir einem Spaziergänger. Es wird noch einmal steiler, dann geht es hinunter ins Prießnitztal. Das Fahren bergab auf feinem Schotter ist mir unangenehm – ich habe zu tun, die Spur zu halten und vorsichtig abzubremsen. Nach uns kommen zwei Mountainbiker ziemlich rasant hinunter – sie haben die richtigen Fahrräder und Reifen. Für unsere geplante Reise sind Tourenräder insgesamt am besten geeignet.
Nach einer kurzen Rast an der Kannenhenkelbrücke schieben wir die Räder aus dem Tal heraus. Dann fahren wir zur Hofewiese, wo man wieder einkehren kann. Wir fahren jedoch weiter geradeaus nach Langebrück. Dort angekommen, geht es unter der Eisenbahnbrücke hindurch und dann halblinks Richtung Grünberg, wie uns der Wegweiser zeigt. Es ist eine schmale, ruhige Straße, die an hübschen Häusern und Grundstücken vorbeiführt. Wir hoffen, dass der weitere Streckenverlauf ähnlich angenehm ist. Die ADFC-Radwanderkarte „Lausitz, Östliches Erzgebirge“ zeigt uns vorzugsweise ruhige, radfahrerfreundliche Strecken, aber in der Realität sind Radwege nicht immer gut zu finden. Oft sind es eher Feld- und Waldwege ohne Markierung oder Richtungshinweis.
An einer Kreuzung weist das Schild nach Grünberg links herum. Hier geht es an Feldern entlang, an denen wilde Korn- und Mohnblumen blühen. Am Himmel können wir immer wieder Raubvögel sehen. Wolken ziehen heran, es sieht gewittrig aus, aber laut Wetterbericht soll es erst abends regnen. Uns kommen ein paar Autos und Radfahrer entgegen. Wir freuen uns, unterwegs zu sein! Ich hatte zunächst befürchtet, dass eine solche Tour zu stressig ist, aber es tut gut, alle Verpflichtungen, die zu Hause immer präsent sind, hinter sich lassen zu können. In Grünberg kommen wir an eine Kreuzung mit Rastplatz, die wir bereits kennen. Hier machen wir eine längere Pause und schauen uns den weiteren Streckenverlauf auf der Karte an. Bei einer Wanderung haben wir an dieser Stelle schon einmal Rast gemacht und uns überlegt, dass man hier entlang gut in die Lausitz fahren könnte.
Nun fahren wir ins Seifersdorfer Tal hinein. Das Verbotsschild dort interpretieren wir als veraltet. Bald sehen wir, was der Tornado hier vor einem Jahr angerichtet hat. Der herrliche Wald ist wie niedergemäht. Alte Bäume, junge Bäume, Sträucher liegen umgestürzt am Boden, die einst grünen Wiesen sind immer noch von Schlamm und Erde überzogen. Vieles ist inzwischen beräumt worden, Holz liegt gestapelt am Wegrand, und man sieht die Spuren der Forstfahrzeuge. Wir wollen nicht das ganze Tal durchqueren, sondern einen Weg nach Norden fahren, den wir beim Wandern gesehen haben. Es ist bedrückend, in dieser von der Katastrophe gezeichneten Landschaft unterwegs zu sein, und ich habe zunehmend ein ungutes Gefühl. Ob wir hier durchkommen? Der Weg wird schmaler und felsiger. Als der Pfad noch schmaler und steiler wird, überlegen wir, umzukehren. Ich gehe ein Stück vor, um mir den weiteren Verlauf anzusehen. Es geht dann tatsächlich weiter, so dass wir die Satteltaschen zurücklassen und die Räder ein Stück bergan tragen. Man muss jeden Schritt sorgfältig wählen, weil das Geländer heruntergebrochen ist. Deshalb ist dieser Streckenabschnitt nicht zur Nachahmung empfohlen; man nimmt besser die Landstraße nach Seifersdorf. Wir können unsere Taschen wieder aufladen, müssen aber immer noch schieben. Wir entscheiden uns, den Weg nach Norden heraus aus dem Tal zu nehmen; er ist sandig und voller großer Steine – an Fahren ist vorerst nicht zu denken. Ich hätte zuvor recherchieren sollen, ob das Seifersdorfer Tal wieder passierbar ist.
Wir bewegen uns dennoch in die richtige Richtung und sind optimistisch. Auf der Anhöhe angekommen, folgen wir dem Weg weiter und können bald wieder aufsteigen. Dann sehen wir Häuser; ein Ort kommt uns zur Orientierung gerade recht. Wir kommen an einer recht befahrenen Landstraße an – und sind in Seifersdorf! Hier fahren wir rechts herum weiter, entdecken aber bald linker Hand die Lomnitzer Straße und biegen dort ab. Lomnitz liegt in unserer Richtung. Dort angekommen, wenden wir uns Richtung Höckendorf. Die schmale Straße führt durch die Laußnitzer Heide. Herrlich ruhig und grün ist es, und wir werden nur selten von Autos überholt. Wir können uns gut unterwegs unterhalten und genießen die Fahrt. In Höckendorf können wir wählen: links herum nach Königsbrück über Laußnitz oder rechts herum über Gräfenhain. Der zweite Weg verspricht laut Karte ruhiger zu sein, obwohl er ein Stückchen weiter ist. Die Strecke ist gut ausgeschildert. Wir kommen an eine große Lichtung. Rechts von uns ist der Keulenberg ganz nahe. Das wäre auch einmal ein lohnendes Ausflugsziel. Hier finden wir einen Rastplatz, nach dem wir schon eine Weile ausschauen. Von der kleinen Bank am Waldrand aus beobachten wir mehrere Rotmilane und erfreuen uns an Ruhe und der Landschaft um uns herum. Es war richtig, hierher zu fahren!
Bei der Weiterfahrt begegnen uns einige Radfahrer. Gräfenhain ist ein ruhiger Ortsteil. Von hier sind es nur noch zwei Kilometer bis Königsbrück. Ich bin gespannt, wie wir durch diesen großen, teils sehr befahrenen Ort kommen werden. Anwohner weisen uns den Weg nach Weißbach; man fährt die Kamenzer Straße ein Stückchen Richtung Zentrum, nimmt aber die nächste Querstraße rechts. Am Lidl geht es erneut rechts herum. In Weißbach zweigt eine Straße nach Koitzsch ab. An der nächsten Kreuzung geht es links herum nach Schmorkau. Ich vermute, dass die kleine, unbeschilderte Straße geradeaus nach Gottschdorf führt. Eine Anwohnerin sagt uns, dass wir links herum fahren müssen, wenn wir nach Schwepnitz fahren wollen. So fahren wir doch über Schmorkau. Nachträglich stellen wir fest, dass die Strecke geradeaus wohl doch besser, weil ruhiger gewesen wäre. Freilich sind wir sehr dankbar über die freundlichen Auskünfte unterwegs, aber viele Leute kennen nur ihre Autostrecken und weniger die Radwege.
In Schmorkau fahren wir auf die B 97. Vier Kilometer noch bis Schwepnitz, wo wir übernachten werden. Das Fahren hier ist ziemlich unangenehm. Immer wieder brausen Autos mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit vorbei. Glücklicherweise ist vergleichsweise wenig Verkehr und sie halten reichlich Abstand. Ich hasse es, auf Schnellstraßen zu fahren. Wenn man da übersehen wird, hilft auch der Helm nicht mehr. Wir sind froh, als endlich der Wegweiser nach links ins Industriegebiet kommt. Dort wollen wir hin. Wir fahren noch ein Stück am Wald entlang bis zu dem kleinen Gewerbegebiet. Das Hotel „Büka Ambiente“ befindet sich in einem Neubaublock und wird von der benachbarten Debratec GmbH betrieben. Gleich hinter dem Werksgelände liegen Felder, ein Teich und die Königsbrücker Heide. Von hier aus erreicht man zahlreiche Rad- und Wanderwege in die reizvolle Umgebung. Das Hotel ist einfach und gut ausgestattet, und wir können unsere Fahrräder einschließen. Bei Mehrtagestouren mit dem Fahrrad sollte man darauf achten, dass die Unterkünfte „fahrradfreundlich“ sind. Eine Möglichkeit zum Duschen ist wichtig, Verpflegung ist in einer strukturschwachen Gegend wie der Lausitz hilfreich und willkommen.
Bei einem Spaziergang durch den Ort entdecken wir den alten Bahnhof. Ein Gedenkstein weist darauf hin, dass die Strecke von Königsbrück nach Schwepnitz im Jahr 1899 in Betrieb genommen wurde. Nun ist sie stillgelegt. Ehemalige Bahnanlagen faszinieren mich, und wir gehen ein Stück dort entlang, wo die Gleise waren – immerhin drei an der Zahl. Meine Großmutter hat oft von Schwepnitz gesprochen, sie hatte wohl Verwandte hier. Ich stelle mir vor, dass sie hier am Bahnsteig stand und auf den Zug gewartet hat. In ihrem Heimatort ist sie mit mir oft an den Bahndamm und zu den Zügen spazieren gegangen.
In der Schwepnitzer Kirche, die für Besucher geöffnet ist, spielt jemand Orgel, und wir hören eine Weile zu. Es ist wie ein kleines Konzert, dem wir eine Weile lauschen. Ich bin glücklich und ergriffen und fühle mich reich beschenkt von diesem schönen Tag, der Landschaft, der Musik und Harmonie. Das Essen im Hotel ist gut, und der Abendspaziergang führt uns an der Heide entlang. Die Ruhe ist für gestresste Stadtbewohner geradezu erquickend. Gegen 21.30 Uhr geht die Sonne unter, und es beginnt leise zu regnen.
Route
Als wir gegen 10.45 Uhr in Dresden starten und mit den Rädern nach Norden fahren, sind wir froh, die Stadt hinter uns lassen zu können. Stau auf der Leipziger Straße, Unmengen von Menschen auf Rad- und Fußwegen – da kann man nur noch flüchten. Es ist sonnig und ziemlich warm. An der Stauffenbergallee entscheiden wir uns, durch die Heide zu fahren. Über die Marienallee gelangen wir in den Wald und haben gleich einen langen Anstieg zu bewältigen. Aber es ist still und angenehm kühl hier. Erst nach einigen Kilometern begegnen wir einem Spaziergänger. Es wird noch einmal steiler, dann geht es hinunter ins Prießnitztal. Das Fahren bergab auf feinem Schotter ist mir unangenehm – ich habe zu tun, die Spur zu halten und vorsichtig abzubremsen. Nach uns kommen zwei Mountainbiker ziemlich rasant hinunter – sie haben die richtigen Fahrräder und Reifen. Für unsere geplante Reise sind Tourenräder insgesamt am besten geeignet.
Nach einer kurzen Rast an der Kannenhenkelbrücke schieben wir die Räder aus dem Tal heraus. Dann fahren wir zur Hofewiese, wo man wieder einkehren kann. Wir fahren jedoch weiter geradeaus nach Langebrück. Dort angekommen, geht es unter der Eisenbahnbrücke hindurch und dann halblinks Richtung Grünberg, wie uns der Wegweiser zeigt. Es ist eine schmale, ruhige Straße, die an hübschen Häusern und Grundstücken vorbeiführt. Wir hoffen, dass der weitere Streckenverlauf ähnlich angenehm ist. Die ADFC-Radwanderkarte „Lausitz, Östliches Erzgebirge“ zeigt uns vorzugsweise ruhige, radfahrerfreundliche Strecken, aber in der Realität sind Radwege nicht immer gut zu finden. Oft sind es eher Feld- und Waldwege ohne Markierung oder Richtungshinweis.
An einer Kreuzung weist das Schild nach Grünberg links herum. Hier geht es an Feldern entlang, an denen wilde Korn- und Mohnblumen blühen. Am Himmel können wir immer wieder Raubvögel sehen. Wolken ziehen heran, es sieht gewittrig aus, aber laut Wetterbericht soll es erst abends regnen. Uns kommen ein paar Autos und Radfahrer entgegen. Wir freuen uns, unterwegs zu sein! Ich hatte zunächst befürchtet, dass eine solche Tour zu stressig ist, aber es tut gut, alle Verpflichtungen, die zu Hause immer präsent sind, hinter sich lassen zu können. In Grünberg kommen wir an eine Kreuzung mit Rastplatz, die wir bereits kennen. Hier machen wir eine längere Pause und schauen uns den weiteren Streckenverlauf auf der Karte an. Bei einer Wanderung haben wir an dieser Stelle schon einmal Rast gemacht und uns überlegt, dass man hier entlang gut in die Lausitz fahren könnte.
Nun fahren wir ins Seifersdorfer Tal hinein. Das Verbotsschild dort interpretieren wir als veraltet. Bald sehen wir, was der Tornado hier vor einem Jahr angerichtet hat. Der herrliche Wald ist wie niedergemäht. Alte Bäume, junge Bäume, Sträucher liegen umgestürzt am Boden, die einst grünen Wiesen sind immer noch von Schlamm und Erde überzogen. Vieles ist inzwischen beräumt worden, Holz liegt gestapelt am Wegrand, und man sieht die Spuren der Forstfahrzeuge. Wir wollen nicht das ganze Tal durchqueren, sondern einen Weg nach Norden fahren, den wir beim Wandern gesehen haben. Es ist bedrückend, in dieser von der Katastrophe gezeichneten Landschaft unterwegs zu sein, und ich habe zunehmend ein ungutes Gefühl. Ob wir hier durchkommen? Der Weg wird schmaler und felsiger. Als der Pfad noch schmaler und steiler wird, überlegen wir, umzukehren. Ich gehe ein Stück vor, um mir den weiteren Verlauf anzusehen. Es geht dann tatsächlich weiter, so dass wir die Satteltaschen zurücklassen und die Räder ein Stück bergan tragen. Man muss jeden Schritt sorgfältig wählen, weil das Geländer heruntergebrochen ist. Deshalb ist dieser Streckenabschnitt nicht zur Nachahmung empfohlen; man nimmt besser die Landstraße nach Seifersdorf. Wir können unsere Taschen wieder aufladen, müssen aber immer noch schieben. Wir entscheiden uns, den Weg nach Norden heraus aus dem Tal zu nehmen; er ist sandig und voller großer Steine – an Fahren ist vorerst nicht zu denken. Ich hätte zuvor recherchieren sollen, ob das Seifersdorfer Tal wieder passierbar ist.
Wir bewegen uns dennoch in die richtige Richtung und sind optimistisch. Auf der Anhöhe angekommen, folgen wir dem Weg weiter und können bald wieder aufsteigen. Dann sehen wir Häuser; ein Ort kommt uns zur Orientierung gerade recht. Wir kommen an einer recht befahrenen Landstraße an – und sind in Seifersdorf! Hier fahren wir rechts herum weiter, entdecken aber bald linker Hand die Lomnitzer Straße und biegen dort ab. Lomnitz liegt in unserer Richtung. Dort angekommen, wenden wir uns Richtung Höckendorf. Die schmale Straße führt durch die Laußnitzer Heide. Herrlich ruhig und grün ist es, und wir werden nur selten von Autos überholt. Wir können uns gut unterwegs unterhalten und genießen die Fahrt. In Höckendorf können wir wählen: links herum nach Königsbrück über Laußnitz oder rechts herum über Gräfenhain. Der zweite Weg verspricht laut Karte ruhiger zu sein, obwohl er ein Stückchen weiter ist. Die Strecke ist gut ausgeschildert. Wir kommen an eine große Lichtung. Rechts von uns ist der Keulenberg ganz nahe. Das wäre auch einmal ein lohnendes Ausflugsziel. Hier finden wir einen Rastplatz, nach dem wir schon eine Weile ausschauen. Von der kleinen Bank am Waldrand aus beobachten wir mehrere Rotmilane und erfreuen uns an Ruhe und der Landschaft um uns herum. Es war richtig, hierher zu fahren!
Bei der Weiterfahrt begegnen uns einige Radfahrer. Gräfenhain ist ein ruhiger Ortsteil. Von hier sind es nur noch zwei Kilometer bis Königsbrück. Ich bin gespannt, wie wir durch diesen großen, teils sehr befahrenen Ort kommen werden. Anwohner weisen uns den Weg nach Weißbach; man fährt die Kamenzer Straße ein Stückchen Richtung Zentrum, nimmt aber die nächste Querstraße rechts. Am Lidl geht es erneut rechts herum. In Weißbach zweigt eine Straße nach Koitzsch ab. An der nächsten Kreuzung geht es links herum nach Schmorkau. Ich vermute, dass die kleine, unbeschilderte Straße geradeaus nach Gottschdorf führt. Eine Anwohnerin sagt uns, dass wir links herum fahren müssen, wenn wir nach Schwepnitz fahren wollen. So fahren wir doch über Schmorkau. Nachträglich stellen wir fest, dass die Strecke geradeaus wohl doch besser, weil ruhiger gewesen wäre. Freilich sind wir sehr dankbar über die freundlichen Auskünfte unterwegs, aber viele Leute kennen nur ihre Autostrecken und weniger die Radwege.
In Schmorkau fahren wir auf die B 97. Vier Kilometer noch bis Schwepnitz, wo wir übernachten werden. Das Fahren hier ist ziemlich unangenehm. Immer wieder brausen Autos mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit vorbei. Glücklicherweise ist vergleichsweise wenig Verkehr und sie halten reichlich Abstand. Ich hasse es, auf Schnellstraßen zu fahren. Wenn man da übersehen wird, hilft auch der Helm nicht mehr. Wir sind froh, als endlich der Wegweiser nach links ins Industriegebiet kommt. Dort wollen wir hin. Wir fahren noch ein Stück am Wald entlang bis zu dem kleinen Gewerbegebiet. Das Hotel „Büka Ambiente“ befindet sich in einem Neubaublock und wird von der benachbarten Debratec GmbH betrieben. Gleich hinter dem Werksgelände liegen Felder, ein Teich und die Königsbrücker Heide. Von hier aus erreicht man zahlreiche Rad- und Wanderwege in die reizvolle Umgebung. Das Hotel ist einfach und gut ausgestattet, und wir können unsere Fahrräder einschließen. Bei Mehrtagestouren mit dem Fahrrad sollte man darauf achten, dass die Unterkünfte „fahrradfreundlich“ sind. Eine Möglichkeit zum Duschen ist wichtig, Verpflegung ist in einer strukturschwachen Gegend wie der Lausitz hilfreich und willkommen.
Bei einem Spaziergang durch den Ort entdecken wir den alten Bahnhof. Ein Gedenkstein weist darauf hin, dass die Strecke von Königsbrück nach Schwepnitz im Jahr 1899 in Betrieb genommen wurde. Nun ist sie stillgelegt. Ehemalige Bahnanlagen faszinieren mich, und wir gehen ein Stück dort entlang, wo die Gleise waren – immerhin drei an der Zahl. Meine Großmutter hat oft von Schwepnitz gesprochen, sie hatte wohl Verwandte hier. Ich stelle mir vor, dass sie hier am Bahnsteig stand und auf den Zug gewartet hat. In ihrem Heimatort ist sie mit mir oft an den Bahndamm und zu den Zügen spazieren gegangen.
In der Schwepnitzer Kirche, die für Besucher geöffnet ist, spielt jemand Orgel, und wir hören eine Weile zu. Es ist wie ein kleines Konzert, dem wir eine Weile lauschen. Ich bin glücklich und ergriffen und fühle mich reich beschenkt von diesem schönen Tag, der Landschaft, der Musik und Harmonie. Das Essen im Hotel ist gut, und der Abendspaziergang führt uns an der Heide entlang. Die Ruhe ist für gestresste Stadtbewohner geradezu erquickend. Gegen 21.30 Uhr geht die Sonne unter, und es beginnt leise zu regnen.
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