Am Pfingstsonnabend bin ich noch im Großenhainer Land geradelt, und am Pfingstmontag wurde dieses Gebiet von einer Naturkatastrophe heimgesucht. Mir geht das sehr nahe, verbinde ich doch mit diesen Städten und Ortschaften ganz aktuelle persönliche Eindrücke. Es sind nicht mehr nur Flecken auf der Landkarte, sondern ein Stück Heimat. Diese Heimat zu erkunden, ist ein Ziel meiner Touren, und ich fühle mich den Gegenden, die ich erlebt und gesehen habe, dauerhaft verbunden.
Für diesen Sonnabend hatte ich mir vorgenommen, einen Teil der Lommatzscher Pflege zu durchfahren, denn die Gegend interessiert mich schon lange. Um die Strecke ein wenig abzukürzen, wollte ich die S-Bahn bis Meißen nehmen. Gegen 6.00 Uhr brach ich von zuhause auf. Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass ich mein beladenes Tourenrad nicht die Treppen am Meißner Bahnhof hinuntertragen wollte, und deshalb stieg ich eine Station eher in Neusörnewitz aus, wo sich der Bahnsteig zu ebener Erde befindet. Von dort ist es noch ein Stück bis zur Elbe, aber ich kenne den Weg.
Das Elbtal war in Frühnebel gehüllt. Den Radweg kann man wegen der Hinweisschilder kaum verfehlen, aber von der Elbe war zunächst nichts zu sehen. Zwei Radfahrer waren mit Rennrädern Richtung Meißen unterwegs. Auf einmal konnte ich milchig und silbern den Fluss neben mir erkennen. Einige Minuten später wurde es klar. Kurz vor Meißen hörte ich die Glocken Sieben schlagen. Ich überquerte die Elbbrücke und fuhr noch ein Stück in nordwestlicher Richtung. Die Straße an der Altstadt vorbei nach Niederjahna, welche ich nehmen wollte, war wegen Bauarbeiten gesperrt. Es wäre naheliegend gewesen, weiter auf dem Elberadweg zu fahren und dann von Riesa aus nach Oschatz abzubiegen, aber ich hatte mir in den Kopf gesetzt, ein paar linkselbische Dörfer kennenzulernen und war so schnell nicht bereit, von diesem Vorhaben abzusehen. Man kann auch mit einer der Fähren zwischen Meißen und Diesbar ans andere Ufer übersetzen, aber die fahren am Wochenende nicht zu so früher Stunde. Die Karte zeigte mir eine Alternativroute: ich fuhr noch ein Stück die Leipziger Straße entlang und dann über Gasern nach Niederjahna. Es ging zunächst steil bergauf, und ich musste ein Stück schieben. Auf der Höhe angekommen, sah ich zurückblickend die Spitzen der Meißner Domtürme über den Hügel ragen. Der Himmel sah trüb und ein wenig gewittrig aus.
Kurz vor Niederjahna musste ich ein Stück Schnellstraße fahren. Zum Glück waren es nur wenige Meter bis zum Ortseingangsschild. Richtung Lommatzsch sollte man nicht, wie ich es zunächst versucht habe, nach Oberjahna abbiegen, sondern weiter geradeaus fahren. Es ging über sehr ruhige, wenig befahrene Landstraßen nach Neumohlis und Pröda, wo ich mich entschied, nach links Richtung Kleinkagen abzubiegen, weil mir die Straße sympathischer aussah. Aber auch rechts herum hätte ich nach Lommatzsch fahren können. Die Dörfer, die ich durchquerte, waren klein, hübsch – noch nicht kaputtmodernisiert wie anderswo -, mit vielen alten Höfen und Fachwerkhäusern, und an den meisten wurde gebaut. Die Lommatzscher Pflege gilt als Kornkammer Sachsens, und man sieht viele Landwirtschaftsbetriebe, Felder, Hügel und idyllische Täler. Ich benutzte die ADFC-Radtourenkarte „Lausitz, Östliches Erzgebirge“, auf der für Radler geeignete Strecken farbig markiert sind. Gerade bei dieser Tour bin ich aber öfter von den Radwegen abgewichen; viele Landstraßen sind durchaus für Radler gut geeignet und außerdem auch gut beschildert. An Wegmarkierungen hapert es links der Elbe, soweit ich es erlebt habe. In Mohlis traf ich auf den Elbe-Mulde-Radweg und fuhr ihn ein Stück bis Mertitz. Diesen Weg weiter nach Westen zu fahren, würde mich auch sehr reizen.
Über Daubnitz gelangte ich nach Lommatzsch. Ich machte zunächst ein Foto von der markanten Kirche St. Wenzel und rastete dann auf einer Bank. Es war neun Uhr. Sämtliche Straßen Richtung Döbeln waren gesperrt, aber das betraf mich ausnahmsweise einmal nicht – ich fuhr weiter geradeaus Richtung Riesa. In Scheerau biegt der Radweg nach rechts, aber ich nahm ihn nicht, fuhr weiter und kürzte dadurch ein gutes Stück ab.
Zu Beginn einer Radtour denke ich oft noch an den Alltag und beschäftige mich mit der Strecke, die vor mir liegt. In der Mitte der Tour aber genieße ich nur noch das Unterwegssein, und das ist meist der schönste Teil der Fahrt. Radfahren hat dann etwas Meditatives, und man hat das Gefühl, noch ewig weiter zu können.
Ein nicht beschilderter Weg, der aussah, als würde er in die gewünschte Richtung führen, brachte mich nach Striegnitz. Von Trogen aus gelangte ich über einen Feldweg voller Pfützen nach Gleina. Über Strauchitz ging es weiter nach Hof. Dort musste ich die Radwanderkarte „Saale, Westliches Erzgebirge“ zur Hand nehmen. Ich durchquerte Hof, fuhr weiter Richtung Raitzen und gelangte bald auf eine gut markierte Strecke nach Oschatz. Diese als Radweg gekennzeichnete Straße wurde aber bald zur Schnellstraße, auf der ich sehr ungern fuhr. Ein separater Radweg führt am Windberg vorbei; ich fuhr ihn auf gut Glück entlang. Leider endete er abrupt, und ich musste mit dem Rad eine Böschung hinunter. Auf der linken Fahrbahnseite gibt es auch einen Radweg, der laut Karte bis nach Oschatz führt. Das bemerkte ich aber erst zuhause.
Ich gelangte wieder auf die Schnellstraße und fuhr weiter bis nach Oschatz hinein, wo es glücklicherweise einen Radweg neben der Fahrbahn gab. Ich überquerte die B 6, wandte mich Richtung Zentrum und machte ein Foto von St. Aegidien. Es war dreiviertel elf. Da in Oschatz viel Verkehr war, vermied ich es, bis ins Zentrum vorzudringen, zumal meine geplante Strecke nach Nordosten aus der Stadt führte. Voller Freude und Erleichterung entdeckte ich den Radweg nach Mannschatz, aber am Ende des Ortes folgte die Enttäuschung: dort, wo es über Felder hinweg weiter gehen sollte, war der Weg gesperrt. Der Sandweg verhieß nach all den Regentagen ohnehin nichts Gutes. Ich blieb also auf der Landstraße Richtung Kleinragwitz und bog kurz vor dem Ort nach links Richtung Borna ab. Gleich nachdem ich den Bahndamm (Strecke Leipzig/Dresden) unterquert hatte, entschied ich mich, wiederum nicht den Radweg bei Borna anzusteuern, sondern nach Bornitz abzubiegen, wo ein Hinweisschild mit „Riesa 8 km“ lockte. Die parallel zum Bahndamm verlaufende Landstraße ist die kürzeste Verbindung nach Riesa. Trotz ihres stellenweise schlechten Zustandes war sie aber recht befahren. Umso mehr freute ich mich, als es dann einen Radweg neben der Straße gab. Als ich auf Riesa zu fuhr, sah ich einen ICE vorbeifahren. Wenn ich wieder einmal mit dem Zug dort unterwegs bin, werde ich an diese Radtour denken. Nun konnte ich eine Pause gebrauchen, aber es gab keinen geeigneten Rastplatz, und deshalb fuhr ich weiter.
Riesa ist eine größere, ausgedehnte Stadt. In der Annahme, dass der Hafenbrücke auch eine „richtige“ Brücke folgen würde, überquerte ich sie, fuhr weiter gerade aus und wandte mich dorthin, wo ich die Brücke vermutete. Nach kurzem Herumirren zwischen Industriebetrieben, fragte ich einen älteren, ortsansässig aussehenden Radfahrer nach dem Weg. Er erklärte mir, dass ich noch ein Stück über die B 182 bis zur Elbbrücke fahren müsse, und zwar nicht nach Strehla, sondern in die entgegengesetzte Richtung, was mir einleuchtete. Man muss unter der Eisenbahnbrücke hindurch fahren, sich gleich nach rechts wenden, wo schon ein Schild auf den Elberadweg hinweist. Am Bahnhof vorbei geht es über die Elbbrücke. Glücklich und zufrieden fuhr ich über die Elbe und auf den Elberadweg. Ich finde es günstig, bei längeren Touren unbekannte und bekannte Strecken zu kombinieren. Nun lag der leichtere und vertraute Teil der Tour vor mir. Auf einer schon bekannten Bank bei Moritz machte ich Rast. Es war 12.30 Uhr. Ich ließ die bisherige Strecke Revue passieren und verspürte ein großes Glücksgefühl.
Als ich weiter fuhr, begegneten mir immer wieder Kolonnen von Radfahrern. Die Elbwiesen sind dort weit und stellenweise sumpfig; immer wieder hörte ich Frösche quaken. Dann sah ich die Schornsteine des Chemiewerks Nünchritz.
Im Laufe des Tages war es schwül geworden, und allmählich ließ meine Kondition nach. Ich hatte die Möglichkeit, in Meißen oder besser Neusörnewitz die S-Bahn zu nehmen, war mir aber ziemlich sicher, mit dem Rad bis nach Dresden fahren zu können. In Diesbar machte ich wieder eine kurze Pause und nahm mir vor, von da an öfter zu rasten. Dieser Plan ging nicht ganz auf. Viele Leute waren auf dem Elberadweg unterwegs, und einige von ihnen wollte ich nicht zweimal vor mir haben. So musste ich öfter überholen, als es mir lieb war. In Meißen wollte ich etwas länger halten, aber herannahende Skater ließen mich früher als geplant wieder aufs Rad steigen. Und um Radebeul herum waren besonders viele Sonntagsfahrer und –Fahrerrinnen unterwegs.
Gegen 15.45 Uhr war ich zu Hause. Insgesamt müssen es an die 115-120 Kilometer gewesen sein, und viel länger hätte ich nicht fahren mögen. Eine interessante Strecke war es gewesen, die mir weitere Radwanderrouten eröffnet hat und über die ich mich auch rückblickend sehr freue. Der Sonntag war mir nun als Ruhetag sehr willkommen.
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