Donnerstag, 6. August 2009

6.8.2009: Dresden - Strehla und zurück

Die Anweisung meiner Chefin, Überstunden abzubauen, kam mir bei diesem Sommerwetter wie gerufen. Tatsächlich sollte der Wetterbericht Recht behalten: es war herrliches Fahrradwetter.

Als ich gegen 5.30 Uhr aufbrach, war es gerade hell geworden. Orangen schimmernd, verblassend sank der Mond. Spätsommerlicher Nebel lag über den Niederungen des Elbtals. Es war angenehm, in der Morgenfrische zu fahren. Ich wollte diese Zeit nutzen, denn hochsommerliche Temperaturen waren angesagt.

Die Meißner Altstadt bot wieder eine schöne Kulisse für ein Frühstück. Als ich weiter fuhr, schlug die Domglocke sieben. Dann stimmten nach und nach andere Kirchenglocken ein. Die Nacht war vergleichsweise warm gewesen. Schon einige Kilometer hinter Meißen konnte ich in Radlerhose und T-Shirt fahren und die Jacke im Gepäck verstauen. Noch war es ruhig auf dem Elberadweg, und das sollte noch eine ganze Weile so bleiben. In Diesbar-Seußlitz war ich 45 Minuten später, hielt aber nicht an. Als Ziel für diesen Tag hatte ich mir Riesa vorgenommen, bis dorthin wollte ich auf jeden Fall kommen.

Im vergangenen Jahr war Riesa ein Ausnahmeziel gewesen. Fünf Kilometer vor der Stadt – ich konnte sie bereits sehen – kehrte ich um. EineTagesstrecke von 90 Kilometern war bisher mein Maximum gewesen. Für den heutigen Tag hatte ich den Wunsch, 100 Kilometer zu schaffen.

Ich erinnerte mich wieder gut an den Streckenverlauf und die einzelnen Punkte und Ortschaften, der Elberadweg ist aber auch gut ausgeschildert. Neuseußlitz, Merschwitz mit einer kurzen Ortsdurchfahrt, dann eine Treppe mit einer Schiene, auf der man die Fahrräder hinauf und hinunter befördern kann. Hier befand sich eine mittelalterliche Furt, wenige Meter danach bewegt man sich auf den Überresten eines grob gepflasterten Treidelpfades, vorzugsweise schiebend. Die Elbe und die Wiesen und Auen sind dort geradezu malerisch. Ein paar Kilometer hinter Merschwitz endet der Fahrweg an der Elbe, der Radweg biegt rechts ab und kreuzt eine Straße. Es ist aber auch möglich, an der Elbe auf einem Wiesenweg weiterzufahren. Ein Schild weist darauf hin, dass es sich um ein Firmengelände handelt und Befahren und Betreten auf eigene Gefahr sind. Da ich den Weg kenne und nicht wüsste, welche Gefahren dort drohen sollten, fuhr ich weiter, wenn auch langsam, da es nur zwei sehr schmale Fahrrinnen im Gras gibt. Dieser Weg bietet Idylle pur: Elbauen, ein ruhig dahinfließender Strom, kein Gegenverkehr, Stille. Ein Hase saß mitten auf dem Weg und hoppelte, als ich näher kam, ein Stück beiseite. Ich konnte ihn immer noch gut sehen und auch fotografieren. Oberhalb der Böschung, die sich einige Meter rechts vom Weg erhebt, ist das Gelände eingezäunt, es gehört zum Chemiewerk Nünchritz.

Der Wiesenweg trifft bei Nünchritz wieder den Elberadweg. Bei Grödel führt er ein Stück durch den Ort, um sich danach wieder der Elbe zu nähern . Es geht von nun an immer schnurgerade auf einem Hochwasserschutzwall entlang, was einen schönen Ausblick ermöglicht und auch wenig Mühe macht, da es kaum Anstiege und Abfahrten gibt. Das Land ist flach und weit, immer wieder kommt man an Sonnenblumenfeldern vorbei. Das Örtchen Moritz, an einem wunderschönen, stillen Abschnitt der Elbe gelegen, wartet mit einem neuen, recht stattlichen Hotel auf, das laut Beschreibung radfahrerfreundlich ist. Lage und Gartenanlage hätten mir gefallen, aber ich hatte nicht vor, dort zu übernachten; Moritz liegt auch zu nahe bei Dresden, als dass es als Quartier sinnvoll wäre.
Nun ging es weiter auf dem Weg bis Riesa, unter den Elbbrücken hindurch, von denen eine ein wenig an die Waldschlösschenbrücke erinnert, die Dresden bald verunzieren wird.

Ich hatte es für möglich gehalten, und nun tat ich es auch: ich fuhr noch ein Stück weiter, um mir die hundert Kilometer wirklich zu sichern und mir einen Eindruck vom weiteren Streckenverlauf zu verschaffen. Der Weg war gut befahrbar, mit wenigen Steigungen, weitgehend bequem und gut zu finden. Ringsum schöne Ausblicke in eine weite Landschaft; ganz anders sieht es dort aus als in dem von Hängen gesäumten Elbtal bei Dresden. Nach einem Stück Landstraße durchquert man den winzigen Ort Zschepa. Ein größerer Ort zeichnete sich am anderen Elbufer ab; wie sich herausstellte, war das bereits Strehla. Ich fuhr an der Fähre vorbei, wo man zur Altstadt übersetzen kann, und hielt kurz an einem Parkplatz, der Anglern vorbehalten ist. Dies war nun der Wendepunkt, kurz vor 9.30 Uhr. Auf einer schattigen Bank in Zschepa hielt ich noch einmal, der Haltepunkt zuvor war sehr sonnig gewesen. Dann fuhr ich durch bis Grödel. Erst hinter dem Ort, im Schatten eines Baumes, machte ich eine längere Pause, um mir eine Kalorienbombe zu gönnen: Pudding mit Bananenstücken, ein herrlicher Energiespender, dazu Kaffee aus der Dose. Es gibt auch immer wieder Bänke, um zu rasten, aber da die Sonne schon hoch am Himmel stand, war es angenehm, an einem schattigen Platz im Gras zu sitzen. Dieses Fleckchen – sehr schön und ruhig war es dort – muss ich mir merken. Kurz vor Nünchritz graste ein Bulle am Wegrand; ich hatte noch nie zuvor einen so nahe gesehen und fand ihn mit seinem massigen Körperbau ziemlich beeindruckend.

Nun fuhr ich den offiziellen, ausgeschilderten Weg durch Nünchritz und direkt am Chemiewerk entlang: dieser Abschnitt ist zwar weniger hübsch, lässt sich aber gut fahren, da es ein breiter, separater Radweg neben der Straße ist.

Die nächste kurze Trinkpause war in Diesbar, die letzte Rast kurz vor Niederwartha. Obwohl ich nun längst nicht mehr allein auf dem Elberadweg war, fuhr es sich ganz angenehm. Bei Radebeul standen zwei Störche ruhig und beinahe regungslos auf einer Wiese, sie wirkten auf ersten Blick fast unecht. Mehrere Radfahrer kamen vorbei, ganze Kolonnen sogar, doch die Tiere ließen sich nicht davon beeindrucken.

13.15 Uhr war ich wieder in Dresden und sehr zufrieden: 120 Kilometer Strecke waren es insgesamt gewesen. Ich finde es beglückend, aus eigener Kraft Landschaften erkunden zu können, und Touren wie diese machen Lust auf mehr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen