Vormittage zuhause verstreichen schnell, selbst wenn man nur ein paar Kleinigkeiten tut. Freilich – ich habe ausgeschlafen. Wäre ich, wie sonst an Wochentagen, um fünf Uhr aufgestanden, hätte ich mehr erledigen können. So etwas ist derzeit nicht angeraten, ich bin erschöpft und deswegen krankgeschrieben. Am nächsten Montag möchte ich wieder arbeiten, und so langsam könnte ich einen Zaubertrank gebrauchen – am besten gleich hineinfallen wie Asterix.
Gegen Mittag kommt die Sonne heraus. Obwohl ein eisiger Wind weht, möchte ich ein Stück Radfahren und probieren, wie das geht. Meine Funktionskleidung leistet mir auch auf dem Rad gute Dienste, ich merke beim Fahren, dass ich mich mit mehreren Schichten richtig angezogen habe. Nur an den Füßen ist es etwas kühl. Ich habe den Wind im Rücken und muss damit rechnen, dass er mir nachher richtig entgegen kracht. Ich setze mir kein bestimmtes Ziel, möchte ein Stück Elberadweg fahren, meine geliebte Strecke, bis Niederwartha, vielleicht bis Coswig. Ich fahre ganz ruhig, schalte auch mal einen Gang herunter, will mich nicht antreiben. Außer mir sind nur wenige Leute unterwegs, ein paar Spaziergänger, einzelne Radfahrer. Der Himmel ist strahlend blau, spiegelt sich im Fluss und in jeder Pfütze auf den Elbwiesen. Das Hochwasser hat Spuren hinterlassen: Schlamm auf dem Weg, Treibgut am Ufer und Stellen, die noch überflutet sind. Ich bin neugierig, ob ich überall durchkomme. Offensichtlich nicht: der Elberadweg ist bei Radebeul noch immer gesperrt. Ich fahre die Umleitung durch Altkötzschenbroda und sehe mich gern dort um. Nicht lange, und die Brücke bei Niederwartha ist in Sicht. Ich fühle mich wohl und befreit wie lange nicht. Die Sonne wärmt und man kann den Frühling schon riechen. Als ich losfuhr, kam ich mir wie ein Gespenst vor und nun spüre ich tatsächlich die Lebensgeister. Auf keinen Fall kann ich schon umkehren! Es geht weiter und ich genieße die Landschaft, die mich umgibt. Fast komme ich mir seltsam vor, dass mich diese bekannte Strecke immer wieder beglückt – aber ein solches Geschenk sollte man nicht in Frage stellen.
Zweimal steige ich ab, um zu fotografieren. Es sind immer die gleichen, immer wieder schönen Motive. Dann sehe ich die Bosel vor mir. Es gibt einen Rastplatz, wo man einen schönen Blick hat, aber heute ist es zu kalt zum rasten und ich fahre weiter. Umkehren? Warum? Ich fahre wie von selbst und ahne nur hin und wieder, dass mir der Rückenwind hilft. Solche Tage sind so rar und diesen möchte ich nutzen. Bald bin ich an der Bosel angelangt und somit kurz vor Meißen. Ich kann mein Glück kaum fassen. Laufen kann ich derzeit nicht, der Rücken und die Gelenke wollen nicht so recht. Aber ich kann Radfahren! Bis Meißen, das ist ein guter Start und beim nächsten Mal schaffe ich es vielleicht bis Diesbar. Ein Stück weiter sehe ich schon die Domtürme. Bald stehe ich unterhalb der Eisenbahnbrücke am Ufer und fotografiere Dom und Albrechtsburg. Weiter vorn ist der Weg überflutet. Man könnte einen Umweg fahren, aber für heute soll es genug sein; ich steige wieder aufs Rad und wende mich heimwärts. Wie erwartet, habe ich kräftigen Gegenwind. Meine Mütze könnte etwas dicker sein, und ich hätte wärmere Socken anziehen sollen. Bis nach Hause wird es schon gehen. An manchen Stellen ist der Wind sehr unangenehm, aber stellenweise ist es geschützter. Ich fahre durchweg langsamer und mache hin und wieder eine kurze Pause. Coswig, Radebeul, Kaditz. In den Knien zwickt es ein bisschen, und allmählich bekomme ich Eisfüße, aber es ist nicht mehr weit. Die letzte ungeschützte Stelle an der Autobahnbrücke, das Feld, dann geht es zwischen Häusern weiter bis nach Hause. Dort gibt es erst einmal einen Kaffee zum Aufwärmen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte: noch so einen Tag am Wochenende, etwas weniger Wind vielleicht. Aber heute war es sehr, sehr schön und die Lebensgeister bleiben mir hoffentlich erhalten.
Mittwoch, 16. Februar 2011
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Der Meißner Radweg lässt sich gut fahren, nicht wahr?
AntwortenLöschenJa. :)
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