Ich bin heute wieder einmal von Dresden-Nord auf dem Elberadweg nach Meißen und zurück gefahren. Die Tour war gut, um etwas Bewegung an der frischen Luft zu haben. Ich bin relativ gemütlich gefahren und auch die anderen Leute, die dort unterwegs waren, machten den Eindruck, eher auf Erholung und Entspannung aus zu sein statt auf Kilometer. Die Sonne konnte sich immer nur vorübergehend durchsetzen, aber die Stimmung war trotzdem schön, wenn auch nicht ohne Melancholie. An Stelle einer Beschreibung lasse ich lieber Fotos sprechen. Ich weiß, die Motive auf meiner Lieblingsstrecke wiederholen sich. ;-)
Sonntag, 20. Oktober 2013
Samstag, 3. August 2013
40 km Elberadweg ... mal wieder
Ein verrücktes Jahr ist das! Seit Anfang Mai habe ich mir Radtouren gewünscht. Zuerst war es zu regnerisch, dann kam das Hochwasser, das unseren geplanten Fahrradurlaub im wahrsten Sinne ins Wasser fallen ließ, anschließend eine krankheitsbedingte Zwangspause. Und nun ist es eigentlich viel zu heiß zum radeln. Meine Laufrunden sind noch relativ bescheiden, so dass ich immer mal ergänzend auf dem Fahrrad trainiere. Am vergangenen Samstag bin ich nach Coswig gefahren und diese Woche habe ich mir nun Meißen als Ziel gesetzt. Wieder mal ist die Vorfreude so groß, dass ich 2.30 Uhr richtig munter bin und kurz nach drei dann auch aufstehe. Eine reichliche Stunde später, 4.15 Uhr, geht es los. Ich fahre durch dunkle und stille Straßen. So früh bin ich wohl noch nie gestartet. Im Hochsommer ist es mir am liebsten, noch vor Sonnenaufgang Sport zu treiben. Ich mag es, so früh unterwegs zu sein. Ich denke dann daran, dass Expeditionen auf richtig hohe Berge meist auch in der Nacht beginnen – ja, ich hatte viel Zeit zum Lesen in den letzten Wochen! Aber auch Urlaubsreisen starten oft in der Frühe und ich fühle mich tatsächlich, als würde ich in den Kurzurlaub fahren. Eine Radtour in der Morgendämmerung ist etwas Neues; man taucht beinahe in eine andere Welt ein. Manchmal begegnet man Tieren zu früher Stunde, aber heute sind es nur Vögel, die immer wieder dicht vor meinem Vorderrad auffliegen. Und jede Menge winzige kleine Fliegen… ich fahre durch ganze Schwärme und Unmengen landen in meinem Gesicht. Aber ich kann die Sportbrille mit den getönten Gläsern noch nicht aufsetzen – es ist viel zu dunkel dafür. In Radebeul bemerke ich mit Erstaunen ein Paar, das den Sonnenaufgang an der Elbe beobachtet. Wie schön und romantisch! Nur ein roter Lichtstreifen färbt den Horizont, die Sonne wird noch Zeit brauchen. Erst nach 15 Kilometern – wieder bin ich mitten in einem Insektenschwarm – kann ich die Brille tauschen. Endlich! Ich möchte möglichst ohne Pause bis Meißen durchfahren, und das scheint mir auch zu gelingen. Noch habe ich den Elberadweg für mich allein. Heute übernachten weniger Angler am Ufer als am vergangenen Wochenende. Ist es ihnen zu warm? An den Fischen kann es nicht liegen, die sehe ich andauernd an die Oberfläche kommen. Als ich ca. 3 Kilometer vor Meißen bin, werde ich hungrig. Schließlich bin ich ja schon eine Weile wach! Aber bald gibt es Frühstück. Am vergangenen Sonnabend habe ich es bedauert, an meinem Rastplatz nicht frühstücken zu können, aber heute habe ich vorgesorgt. Es ist immer ein schöner Anblick, wenn man an der Bosel vorbeifährt und die Meißner Domtürme am linken Elbufer auftauchen. Kurz vor halb sechs ist es erst, ich brauche die Zeit, die ich für diese Strecke immer brauche. Ehe ich Pause mache, fahre ich unter der Brücke in Meißen hindurch, so dass ich Dom und Albrechtsburg ziemlich genau gegenüber stehe. Erst nach dem obligatorischen Foto kehre ich um und suche mir eine Bank zum Rasten. Es hat durchaus Vorteile, kommt es mir in den Sinn, wenn die eigenen Pläne ab und an durchkreuzt werden. Vermutlich würde ich mehr und weiter laufen und seltener radfahren, wenn es die Zwangspause nicht gegeben hätte. Aber auch Radtouren sind immer wieder reizvoll. Der einzige Nachteil ist: ich bin dann deutlich länger unterwegs. Aber heute wird das kaum ins Gewicht fallen, ich werde relativ früh wieder zuhause sein. Ich liebe diese kleinen Auszeiten, die sich ein wenig wie Abenteuer anfühlen. Jeder definiert sich seine Vorstellung von Abenteuer. Hauptsache, man erlebt Spannung und Freude dabei. Bald nach meinem kleinen Picknick-Frühstück mache ich mich wieder auf den Weg. Nun geht die Sonne auf, aber es wird noch einige Kilometer dauern, bis ich sie auf der Haut spüre. Die beste Zeit des Tages bin ich unterwegs! Schlafen kann ich später noch. Die ersten vereinzelten Radfahrer kommen mir entgegen. Kurz vor sieben bin ich in Radebeul-West, halb acht bin ich zuhause.
Sonntag, 16. Juni 2013
Rund um die Müritz – 85 km
Vorab: ich empfehle, dies nicht zu tun. Wir haben die Müritz, den größten Binnensee Deutschlands, an einem Tag umrundet. Reichlich fünfeinhalb Stunden reine Fahrzeit haben wir dazu benötigt. Natürlich ist dies möglich. Möglich sind noch sehr viel weitere Strecken innerhalb eines Tages, bei entsprechendem Training.
Wer irgend kann, sollte für die Müritz, sollte für die Seenplatte, für Mecklenburg viel Zeit mitbringen. Man sollte jeden Ausblick, jedes Stückchen Landschaft, jeden Ort hier mit so viel Zeit wie nur möglich erkunden. Wir hatten eine solche Tour nicht vorgehabt, waren eigentlich auch nicht darauf vorbereitet. Geplant hatten wir eine mehrtägige Radtour von Neubrandenburg aus durch Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, wieder Brandenburg und zurück nach Dresden. Das Hochwasser ließ uns unsere Pläne kurzfristig ändern: wir reisten von der Ostseeküste aus für drei Tage an die Müritz. Unsere Fahrräder blieben zuhause. Statt dessen haben wir Fahrräder gemietet. Eigentlich wollten wir gestern das östliche Ufer der Müritz abfahren, aber die Adler-Safari im Müritz-Nationalpark konnten wir uns nicht entgehen lassen. Ja, wir hatten Glück und haben sowohl Seeadler als auch Fischadler beobachten können – etwas, womit wir nicht gerechnet hatten, als wir hier anreisten. Diese geführte Wanderung dauerte ihre Zeit - wie alle guten Dinge. Für die Tour am See entlang wurde es etwas knapp. Nun, man kann nicht alles haben, dachten wir uns und planten, heute immerhin ein Stück westlich entlang der Müritz zu fahren. Einen Umkehrpunkt hatten wir noch nicht festgelegt, weil wir nicht wussten, wie gut wir vorankommen würden. Röbel, 30 Kilometer von unserem Ausgangspunkt Waren entfernt, würden wir hoffentlich erreichen können, und wir mussten ja auch wieder zurück fahren. Der Radweg führt zunächst nach Klink, einen hübschen Ferienort. Von dort geht es weiter Richtung Röbel auf dem markierten Müritz-Radweg. Der Weg verläuft nicht immer am Ufer entlang, weicht Grundstücken, Feldern, ganzen Ortschaften aus und entfernt sich mitunter recht weit vom Wasser. Nach drei Stunden haben wir Röbel erreicht. Der Ort hat einen hübschen kleinen Hafen und ein Zentrum mit vielen typischen Backsteinbauten. Wir rasten kurz und überlegen, wie wir weiter fahren. Eine Stunde noch nach Süden fahren? Ich bin dafür, maximal noch fünf Kilometer weiter zu fahren. Siebzig Kilometer wären für heute gerade richtig. (Die 70 Kilometer bei unserer Seenland-Tour haben sich auf zwei Tage verteilt.) Allerdings haben wir beide wenig Lust, auf dem gleichen Weg nach Waren zurückzufahren. Die Strecke Waren-Röbel scheint ein Klassiker zu sein, ist sehr befahren, wir begegnen immer wieder vielen Radfahrern und auch das Ufer der Müritz ist an dieser Seite sehr zugebaut. Ab Röbel wird es sofort ruhiger und der Weg führt weite Strecken nur durch die Natur. Das gefällt uns viel besser und wir fahren zunächst nach Ludorf. Da wir hier 40 Kilometer zurückgelegt haben, wird uns klar, dass wir durchaus die ganze Umrundung schaffen können. Und da uns der Weg und die Landschaft hier viel besser gefallen, ist der Plan schon gefasst. Bisher hatten wir kräftigen Gegenwind, aber auch dies verändert sich zu unseren Gunsten. Eine Wohlfühltour ist es dennoch nicht. Wir möchten pünktlich vor 18 Uhr wieder am Fahrradverleih in Waren sein und fahren deswegen so zügig, wie wir können. Ich hätte gern viel öfter angehalten, fotografiert und einfach nur die Landschaft genossen. Es gibt immer wieder sehr hübsche Aussichtspunkte und die Gegend ist einzigartig. In Vipperow überqueren wir die „Kleine Müritz“, die hier beinahe wie ein Fluss aussieht, und sind bald darauf auf der anderen Seite. Unser nächstes Ziel ist Rechlin, wo wir rasten. Nach 52 Kilometern brauchen wir Kaffee und Kuchen, Kalorien, denn vor uns liegt noch ein gutes Stück Weg. Ich habe keine rechte Freude an dieser Tour, es geht mir viel zu schnell und leistungsorientiert voran. All das ist in dieser Landschaft völlig fehl am Platze. Wir fahren auf Boek zu, haben ganz viel Natur um uns herum, Wiesen, Wald, Sumpf, Moor, aber wir gönnen uns keine Pause, da wir die Strecke nicht abschätzen können. Etwas Reserve braucht man ja immer, falls man sich verfährt. In Boek fahren wir in den Müritz-Nationalpark hinein. Unser Weg wird auch weiterhin gut befahrbar bleiben, was nicht auf alle Wege hier zutrifft. Immer wieder kann man auf Aussichtsplattformen steigen – auch hier müsste man Zeit mitbringen und nach Möglichkeit auch ein Fernglas. Nie mehr ohne Fernglas hinaus in die Natur – dies haben wir bei der Adler-Safari gelernt! Vorbei geht es am Specker See und Schwarzenhof Richtung Federow, wo wir gestern waren. Kurz vor Federow sehen wir wieder den Fischadler-Horst, den wir gestern schon beobachtet haben, auf einem großen T-förmigen Strommast. Dann zweigt unser Weg nach Waren ab. Ein Stückchen noch durch den Wald – die Strecke ist mir glücklicherweise schon vom Laufen bekannt. Pünktlich 16.30 Uhr können wir unsere Fahrräder abgeben. Mit eigenen Rädern hätte diese Tour sehr viel entspannter ablaufen können, aber unter diesen Bedingungen wären wir gar nicht hierher gekommen! Aus sportlicher Sicht sind wir mit der Müritz-Rundfahrt zufrieden, und eigentlich könnte ich noch zufriedener sein, weil ich heute morgen schon elf Kilometer gejoggt bin. Aber meine Freude hält sich in Grenzen, weil ich die Fahrt nicht genießen konnte. Zeitdruck ist in einer so weiten, faszinierenden Landschaft genau das, was man nicht haben sollte. Für einen ersten, flüchtigen Eindruck war die Fahrt dennoch gut. Wiederkommen würde ich gern, aber nur mit sehr, sehr viel Zeit.
Montag, 10. Juni 2013
32 km auf Hiddensee
Als vor ein paar Tagen unsere Urlaubspläne auf Kippe standen, überlegte ich schon, komplett umzudisponieren: irgendwohin in den Süden zu fliegen, wo garantiert schönes Wetter ist (die Kanaren sind ziemlich sonnensicher), zumal ein Flug die beste Möglichkeit sein würde, das Elbtal zu verlassen. Wir wussten nicht, wie hoch der Elbpegel noch steigen würde; ob überhaupt alle Bahnhöfe in Betrieb sein würden. Es wurde tatsächlich ein Flug, allerdings nach Düsseldorf, von wo es mit dem Zug über Berlin hinauf an die Ostseeküste ging. Kann man überhaupt an Urlaub denken, wenn man an der Elbe wohnt und das Wasser höher und höher steigt, fragte ich mich. Ja, man kann und man sollte auch, wenn man die Auszeit dringend braucht. Wir haben Dresden verlassen, als das Wasser wieder langsam zurück ging. Unser erstes Ziel war die Insel Hiddensee, und ich bin froh, an diesem Ziel festgehalten zu haben.
Unsere Fahrräder sind zuhause geblieben. Für eine Reise mit Fahrrädern in der Bahn braucht man Normalität: Ausfälle, Ersatzverkehr, Einschränkungen im Regionalverkehr sind insgesamt zu nervenaufreibend – sowas vermeide ich, wenn es irgend möglich ist. Mit Mietfahrrädern sind wir nun auf der Insel Hiddensee unterwegs. Wir brechen kurz vor zehn Uhr in Vitte am Hafen auf, fahren auf dem Deich am Schapproder Bodden entlang; der Himmel ist unglaublich blau und spiegelt sich im ruhigen Wasser. Es ist sommerlich, aber gerade noch nicht Hochsaison: eine ideale Zeit, hierher zu reisen. Vitte ist relativ zentral auf der Insel gelegen. Wir wollen zuerst nach Süden, nach Neuendorf fahren. Man hat einen weiten Blick über die Heidelandschaft zum Bodden. An einem Teich mit Seerosen halten wir an, man hört die Frösche quaken. Überall stehen Warnschilder vor Kreuzottern. Als Kind war ich oft hier auf der Insel, aber damals müssen die Schlangen noch weniger zahlreich gewesen sein. Neuendorf, das ich sehr „dörflich“ in Erinnerung habe, ist auch heute noch ein recht idyllischer, aber weniger verschlafener Ort; es gibt Restaurants und ein paar interessante kleine Geschäfte. Dennoch hat der Tourismus die Insel nicht so nachteilig verändert, wie ich es befürchtet hatte. Und für Kurzurlauber wie uns hat ein wenig Zivilisation doch einige Vorteile. Hinter Neuendorf ist der Weg nun weniger gut: es ist ein viel befahrener Waldweg mit Rinnen und sehr sandigen Abschnitten, wo man mitunter absteigen muss. Das letzte Stück bis zum Leuchtturm am Gellen ist mit Stroh belegt worden, aber auch auf dem Stroh fährt es sich nicht besonders gut. Der kleine Leuchtturm ist, im Unterschied zum großen Leuchtturm am Dornbusch, für Touristen nicht begehbar. Der Strand hier ist sehr schön und wir nutzen die Gelegenheit zum Baden. Danach entschließen wir uns, noch ein Stück zu fahren. Weiter geht es auf schmalen Pfaden durch die Heide. Endlich haben wir den Absperrzaun erreicht: jenseits des Zaunes ist Naturschutzgebiet, das nicht mehr betreten werden darf. Der Gellen ist vor allem Vögeln, aber auch anderen Tieren vorbehalten; durch angeschwemmten Sand wächst er stetig. Es gibt auch eine weite Flachwasserzone, die wir bei unserer Fahrt mit dem Schiff zur Insel gut sehen konnten. Hier unten kurz vor der Absperrung ist der Strand besonders schön und auch nicht überlaufen. Auf dem Rückweg nach Neuendorf nehmen wir einen anderen Pfad durch die Heide und können auch den strohbedeckten Weg ein Stück umfahren. In Vitte machen wir zunächst eine Pause, ehe wir uns weiter nach Norden wenden. Die Insel Hiddensee ist 18 Kilometer lang. Wenn man davon ausgeht, dass man sie nicht komplett befahren kann, mutet dies eher bescheiden an. Aber nicht alle Wege sind in so gutem Zustand wie die Strecke von Kloster bis Neuendorf, und ich fand unsere heutige Fahrt nicht unanstrengend. Kloster ist der Ort mit den meisten Sehenswürdigkeiten der Insel. Hier gibt es ein kleines, interessantes Heimatmuseum, das Gerhart-Hauptmann-Haus und einige interessante Geschäfte. Von hier führen schöne Wanderwege hinauf aufs Hochland; einen davon sind wir gestern gegangen. Man kann auch am Strand entlang bis zur Steilküste laufen. Früher konnte man bis an den nördlichen Strand der Insel, den Bessin, wandern, aber dies ist wegen der Abbrüche am Dornbusch nicht mehr empfehlenswert. Überall an Wegkreuzungen auf der Insel gibt es kleine Wegweiser, aber ich finde den Weg von Kloster nach Grieben auch ohne diese Orientierungsmöglichkeit. Grieben ist der älteste Ort der Insel, ein Dorf, das über keinen Hafen verfügt. Es ist auch heute noch klein und idyllisch. Als Kind war ich mehrmals in den Sommerferien hier; in einer Ferienwohnung gegenüber vom Gasthaus „Enddorn“, das noch immer existiert. In der DDR waren Urlaubsquartiere an der Ostsee nicht leicht zu bekommen; dies galt besonders für Hiddensee. Auch heute noch gilt Hiddensee als Insel für Aussteiger. Das hört sich sehr verlockend an. Für mich ist die Insel mit vielen Erinnerungen verbunden. Tatsächlich könnte ich es hier sehr viel länger aushalten als beispielsweise auf Lanzarote. Man kommt auf Hiddensee zur Ruhe und die Landschaft ist doch recht abwechslungsreich. Besonders das Hochland mit seinen vielen Wanderwegen und Pfaden, stillen Fleckchen und Aussichtspunkten ist sehr interessant, aber man findet auch sonst viele schöne Plätze zum Ausspannen. Der Weg von Kloster nach Grieben ist kaum anders als früher: er führt an Weiden vorbei, wo Pferde grasen. Man sieht linker Hand den Leuchtturm auf dem Dornbusch und dann kommen schon die wenigen Häuser des Dörfchens. Im Unterschied zu früher, wo man nur in Kloster und Vitte einkaufen konnte, hat Grieben heute zumindest einen winzigen Laden. Wir fahren weiter geradeaus am Ort vorbei, auch hier mit schönem Ausblick zum Bodden. Der Weg ist immer noch mit groben Betonplatten ausgelegt. Früher war dies eine vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Strecke, heute leben die Inselbewohner überwiegend vom Tourismus und Fahrräder, Pferdefuhrwerke sowie Wanderer dominieren. Dort, wo die Steilküste wieder abflacht, gehen wir hinunter zum Strand. Es ist Idylle pur: weißer Sand, blaues Meer, kaum Menschen. So kenne ich den Strand aus meiner Kindheit. Aber im Wasser liegen große Steine und wir gehen doch nicht hinein. Unsere Suche nach Bernstein ist hier nicht von Erfolg gekrönt, aber ich habe schon heute Morgen bei Vitte ein hübsches kleines Stückchen gefunden, so dass ich mich geradezu vom Glück verwöhnt fühle. Wir sehen den Abbruch an der Steilküste, begnügen uns mit dem Blick dorthin und gehen nicht weiter. Mit den Rädern geht es zurück; schnell sind wir in Kloster und in Vitte, wo wir unsere Tour beenden.
Fotos von Stralsund und Hiddensse
Montag, 20. Mai 2013
70 Kilometer Seenland
Wir brechen am Pfingstsonnabend bei Regen in Dresden auf, sind aber zuversichtlich, dass sich das Wetter bessert. Um mit den Fahrrädern zum Senftenberger See zu fahren, sind wir einfach nicht trainiert genug, aber bei dem unbeständigen Wetter sind wir ganz froh über unseren Entschluss, die Räder im Zug mitzunehmen.
Nach dem Einchecken im Hotel in Senftenberg fahren wir am See entlang nach Brieske. Wir überqueren die Schwarze Elster und fahren auf der anderen Seite am Damm entlang nach Brieske-Ost. Ab und an, wenn auch selten, kommen wir hierher in den Ort, in dem meine Großeltern gelebt haben und mein Vater aufgewachsen ist. Auch nach vielen Jahren und mit nur spärlichen Erinnerungen findet man sich zurecht. Hinter Neubauten stehen noch die alten Siedlungshäuser; wir finden das Wohnhaus meiner Großeltern und ungefähr weiß ich auch, wo andere Verwandten wohnten, ohne die Grundstücke ausfindig machen zu können. Schnell sind wir am Marktplatz. Der Weg von Brieske-Ost aus zum Markt war schon ein Ereignis in meiner Kindheit, andere typische Ausflüge waren ein Spaziergang hinauf zum Bahndamm, zur Elster oder in den Niemtscher Park. Zu dieser Zeit, 1968 genau, wurde mit dem Bau des Senftenberger Sees begonnen. Ich kann mich noch erinnern an den Kohlenstaub in Brieske, der sich oft wie ein Film überall niederließ. Wehte der Wind ungünstig, konnte im Freien keine Wäsche getrocknet werden. Mein Großvater konnte sich das heutige Erholungsgebiet schon vorstellen, als es dort nur diese vom Bergbau geprägte „Mondlandschaft“ gab, und jedem Besucher schwärmte er vor, wie schön die Gegend einmal sein würde. Leider hat er kaum die Anfänge der Umgestaltung erlebt.
Durch den Niemtscher Park, am Abfluss des Sees vorbei, kehren wir ans Wasser zurück und fahren noch ein Stück weiter zum Niemtscher Strand mit seinen schönen, stillen Badebuchten. Das Wetter wird allmählich freundlicher, aber noch sind kaum Leute am See. Vereinzelte Angler, ein paar Radfahrer, baden will niemand. Aber eigentlich ist das ein Glücksfall, den See auch mal ganz ruhig zu erleben, was einem als Tagesausflügler selten vergönnt ist. Auch am Abend, als wir einen Spaziergang in östlicher Richtung nach Buchwalde machen, ist es geradezu einsam am See. Ein paar Taucher und Surfer campieren in ihren Wohnwagen.
Wenn ich bedenke, wie selten wir hier sind und wie viele Jahre, Jahrzehnte sogar zwischen den Besuchen vergangen sind, drängt sich der Gedanke an die Vergänglichkeit des Menschen geradezu auf. Man erlebt es im eigenen Umfeld, erlebt es an sich selbst, es ist bestürzend wahr und doch auch erleichternd, wenn man sieht, in welchem Maße sich Menschen die Umwelt aneignen und verändern. Wie gut nur, dass menschlichem Wirken Grenzen gesetzt sind – es wäre sonst nicht auszuhalten.
Am Pfingstsonntagmorgen ist es – bei strahlendem Sonnenschein – noch ganz still am See, so dass ich in Ruhe den neuen Stadthafen fotografieren kann. Er wurde erst vor wenigen Wochen eröffnet. Dieser Hafen mit der neuen Seebrücke ist wirklich ein Kleinod und ich lasse lieber Fotos sprechen, statt nach Worten zu suchen, um ihn zu beschreiben.
Nach dem Frühstück machen wir uns mit den Rädern auf nach Norden zum Sedlitzer See. Die Radwege sind im Allgemeinen gut ausgeschildert. Nach einer Fahrt durch den Wald können wir einen ersten Blick auf einen Nebenarm des Sees werfen, tatsächlich noch ein Stück Mondlandschaft. Der Sedlitzer See ist noch in Flutung, aber es gibt umfassende Pläne zu seiner Nutzung: ein Lagunendorf, Ferienhäuser, ein ganzes Gewerbegebiet sollen hier entstehen. Derzeit gibt es einen kleinen Fahrweg an den künftigen Strand – und den Radweg, der jedoch Abstand von den gesperrten Ufern hält, weswegen wir den See immer nur aus gebührender Entfernung anschauen können. Was für ein Anblick! Diese weite Seenlandschaft, die hier entstanden ist und noch entsteht, ist eine Wohltat für die Augen und die Seele. Zeitweise kommt mir wirklich der Gedanke an Wiedergutmachung an der Natur, die hier in gewaltigem Ausmaße zerstört worden ist, selbst wenn die Wiedergutmachung nur ein Aspekt von vielen ist, ein Nebenaspekt, da ein Erholungsgebiet ohne Natur nun mal schlecht möglich ist. Die Ausbeutung der Natur zwecks Kohleförderung ist der Kommerzialisierung der Natur durch die Tourismusbranche gewichen. Aber steht man in dieser Landschaft, vergisst man all das und erfreut sich an ihrer Schönheit. Wasser ist das Element des Lebens, wahrhaftig. Der Sedlitzer See wird der größte dieser künstlich geschaffenen Seenlandschaft sein. An seinen Ufern ist es still, es ist auch noch Vormittag, als wir ihn umfahren. An ihn schließt sich der Partwitzer See an. Auch seine Ufer sind eher spärlich bewachsen, aber es gibt einen kleinen Badestrand und ein paar Camper. Ein Schlauchboot wird gerade ins Wasser gelassen – wie muss es sich anfühlen, diese riesige glatte Wasserfläche quasi allein zu befahren! Ein paar ganz Mutige gehen sogar baden. Einige Wohnwagen stehen hier; vermutlich haben diese Leute einen der schönsten Plätze weit und breit erwischt. Am Vorabend war ich glücklich über mein Hotelbett und hätte keinesfalls mit den Campern in Buchwalde tauschen mögen. Hier am Partwitzer See beneide ich die Camper. Ich könnte Stunden, vielleicht Tage damit verbringen, nur aufs Wasser zu schauen und vielleicht ab und an hinein zu gehen. Kein noch so schöner Wellnessbereich kann da mithalten. Am Südufer des Sees schwimmt eine Ente; ihre Spur ist eine ganze Weile die einzig sichtbare Bewegung der Wasseroberfläche.
Bei der Weiterfahrt zum Geierswalder See verfahren wir uns zunächst, gelangen bis nach Kleinpartwitz, wo die Radwege enden. Wir fahren also wieder zurück und folgen der Ausschilderung Geierswalde/Kleinkoschen. Kurz vor Geierswalde entschließen wir uns, nicht an den Strand zu fahren, wo es laut und überfüllt zu sein scheint – viele Leute sind auf dem Weg dorthin, und man hört schon den Motorbootlärm. Wir fahren noch ein Stück am Westufer des Partwitzer Sees entlang und bald sehen wir links von uns den Geierswalder See liegen. Diesen See mit seiner hellen Türkisfärbung finde ich beinahe am schönsten. An seinen abgelegenen Ufern ist es auch ruhig und idyllisch, der Motorenlärm ist kaum noch zu hören. Inzwischen sind viele Leute auf Rädern oder Inlineskates unterwegs; die Radwege sind asphaltiert und wegen der geringen Höhenunterschiede sehr gut zu befahren. Oftmals rollt man so gut wie von allein. Ich sehe auch einen Läufer mit Trinksystem im Rucksack – hier joggen zu gehen, vielleicht nicht gerade zu Pfingsten, stelle ich mir durchaus reizvoll vor. An einem Aussichtspunkt rasten sehr viele Ausflügler. Ich entschließe mich, den ca. 30 Meter hohen Turm, genannt „Rostiger Nagel“ zu besteigen. Auf Türme steige ich ungern; ich betrachte es schon im Hinblick auf den Alpenurlaub als kleines Höhentraining. Es klappt gut; man hat auch beim Hinaufsteigen kaum Tiefblicke, es sei denn, man sucht sie. Hier am Aussichtsturm gibt es eine Einkehrmöglichkeit; auch am Partwitzer See und in Richtung Geierswalde gab es kleine Verpflegungsbuden. Wir fahren nun weiter nach Kleinkoschen und sind bald wieder am Senftenberger See. Nun, nach einigen Stunden in der Sonne, können wir eine Abkühlung gebrauchen. Die Angaben zur Wassertemperatur schwanken zwischen 11 und 15 Grad. In Koschen sehen wir doch ein paar Leute im Wasser und suchen uns einen ruhigen Strandabschnitt. Ich finde das Wasser in Ufernähe sehr angenehm, hinausschwimmen würde ich aber noch nicht. So hat es also auch mit Baden geklappt! Nach einer kurzen Pause fahren wir weiter um den See herum nach Niemtsch, und in der Niemtscher Mühle machen wir Kaffeepause. Inzwischen herrscht lebhafter Betrieb auf dem Radweg um den See. Man braucht hier wirklich Fahrräder oder etwas Vergleichbares; alles, was Räder hat, rollt hier entlang, vom Rollstuhl und Rollator angefangen über Inlineskates bis zu den unterschiedlichsten Fahrrädern mit und ohne Anhänger. Wir sind ganz froh, nach Senftenberg abbiegen zu können. Am Abend machen wir noch einen Spaziergang durch den Schlosspark, auf die alte Festung und entlang der Elster und sind mit dem Kurzurlaub mehr als zufrieden. Wir haben freilich nur einen Teil des Lausitzer Seenlandes gesehen, in dem man je nach Wunsch Stunden, Tage oder Wochen unterwegs sein kann.
Fotos von unserer Seenlandtour
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