Die ganze Woche lang habe ich mich um fünf Uhr aus dem Bett gequält, und heute, am Sonnabend, bin ich schon halb fünf hellwach! Ich beschließe, das auszunutzen: zuerst mache ich ganz geruhsam Yoga, und beim Frühstück überlege ich mir, wohin ich heute mit dem Rad fahre.
Ich starte kurz nach sieben, um die Stadt Richtung Wilder Mann/Boxdorf zu verlassen. So warm habe ich mich wohl noch nie fürs Radfahren angezogen: zwei bis drei Schichten Funktionskleidung, warme Mütze, warme Handschuhe, zwei Paar warme Funktionssocken unter den Winterlaufschuhen. Bei fünf Grad Minus ist das nicht zu viel. Es ist noch ruhig auf den Straßen. Am Heidefriedhof wechsle ich die Straßenseite und komme bald an der Baumwiese an. Die Sonne geht auf: welch blauer Himmel, welch prächtiger Vorfrühlingsmorgen! Am Boxdorfer Berg steige ich ab und schiebe mein Rad. Diese Steigung muss erst einmal genommen werden, um aus dem Elbtal heraus zu kommen. Oben angelangt, hat man bald schöne Ausblicke. Ich fahre links herum, die Moritzburger Landstraße entlang, die direkt zum Moritzburger Schloss führt. Nachmittags wäre diese Strecke nicht zu empfehlen, aber in den Morgenstunden kann man das schon mal machen. So lange es dort relativ ruhig ist, fährt es sich sehr schön; man kann die Schaltung durchspielen. Die Sonne lässt die kahlen Bäume golden erstrahlen, und die Wiesen glitzern vom Raureif. Links und rechts der Straße sanftes Hügelland, an das sich Häuser schmiegen. Wiesen und Bäume sind noch in Dunst gehüllt. Ich erinnere mich an frühere Radtouren und bin unglaublich froh, wieder unterwegs zu sein.
Es geht Hügel hinauf und wieder hinunter. Stellenweise gibt es Löcher im Straßenbelag, wo man als Radfahrer aufpassen muss. Der Fahrtwind zwickt, und mir kommen die Tränen. Da kann man nur schnell zwinkern: das wird auf der Haut brennen. Heute hätte ich meine Sportbrille mitnehmen können, aber das wollte ich nicht; ich brauche jeden Sonnenstrahl.
Da taucht schon das Schloss auf: was für ein herrlicher Anblick! Ich halte mich rechts und biege erst einmal ab. Es gibt da eine Stelle, von der man schön fotografieren kann. Die Teiche sind zugefroren. Ich möchte einen Bogen um das Schloss herum fahren. Die ganze Zeit ist dort kein Mensch außer mir. Erst an der Kalkreuther Straße sehe ich einen Spaziergänger mit einem Hund. Natürlich will ich auch meinem Lieblingsteich, dem Sophienteich, einen Besuch abstatten und ein Vorfrühlingsfoto machen. Von zwei Buchten aus kann ich auf die Eisfläche schauen. Vorfrühling? Es ist doch noch Winter. Keine Enten, keine platschenden Fische. Deren Laute, die sonst weit über den See dringen, machen die Stille erst bewusst. Aber heute ist es anders; die Tierwelt verharrt noch im Winterschlaf. Ich steige wieder aufs Rad. Es wird Zeit, dass ich kräftig in die Pedalen trete, denn Füße und Hände werden kalt. Ich möchte über Weinböhla zum Elberadweg fahren, habe aber schon gelesen, dass dort gesperrt ist. Meine Karte zeigt einen Weg, der von Auer aus ins Elbtal führt, und den möchte ich nehmen. Auf der Landstraße Richtung Auer ist ziemlich viel los. Die Autofahrer rasen wie die Wahnsinnigen. Für mich ziehen sich die drei Kilometer in die Länge; ich fahre dort sehr ungern und hoffe auf den Abzweig. Es gibt Waldwege ohne Markierung und Richtungsangabe. In Auer sehe ich die Bescherung: mein Weg scheint nicht mehr zu existieren. Links von mir eine Straßensperrung, dahinter eine riesige Baustelle. Ich fahre noch ein Stück über die Kreuzung hinweg. 12 Kilometer bis Weinböhla: bei diesem Verkehr wäre das purer Leichtsinn. Als Nicht-Autofahrerin erlebe ich immer mal Überraschungen unterwegs.
Ich biege nach rechts in eine Nebenstraße ein und hoffe, vielleicht Richtung Steinbach fahren zu können. Aber es geht wieder rechts herum zur Kreuzung, an der ich vorher schon war. Eine Frau mit Kinderwagen fährt die entstehende Straße entlang. Gebaut wird heute offenbar nicht. Also versuche ich mein Glück und fahre dort hinein. Ich halte mich links, wo ein Weg abzweigt, und hoffe, Richtung Elbtal zu kommen. Nach ein paar Metern stehe ich an einem Abhang und sehe, dass hier nichts mehr ist, wie es einmal war. Breite Schneisen sind in die Landschaft geschlagen worden. Etwas, das nach Autobahnzubringer oder Schnellstraße aussieht, wird gebaut; eine Asphaltwüste breitet sich aus, weiter vorn sind schon Leitplanken. Ich kehre wieder um und muss erst einmal die schreckliche Landstraße zurück fahren. Irgendwo muss es doch weiter gehen!
Ich will jeden Waldweg probieren, bis ich durchkomme. Da biegt ein Weg ab – nichts wie runter von der Straße! Die Erde ist hartgefroren, und es holpert beim Fahren. Es ist auch deutlich kälter als auf der Straße. Der Weg führt zunächst geradeaus, dann links herum Richtung Moritzburg. Ich sehe eine Lichtung vor mir, die mir bekannt vorkommt. Wir sind früher einmal durch den Wald nach Radebeul gefahren. Ich fahre dort entlang, wo ich den Weg vermute. Da heult eine Motorsäge, und als ich näher komme, sehe ich erneut die Baustelle. Sind die denn wahnsinnig? Muss hier alles verschandelt werden? Kann man nicht einmal Fuß- und Radwege übrig lassen?
Ich fahre wieder links herum, und nach ein paar Metern sehe ich ein Hinweisschild zum Schloss Moritzburg und zum Elberadweg! Der Weg führt aus dem Wald heraus, über das Hügelland hinweg; links ist der Kirchturm von Moritzburg zu sehen. An der nächsten Wegkreuzung gibt es einen Abzweig nach Radebeul, Hoflößnitz. Endlich! Diesen Weg kannte ich noch nicht. Es geht an den Dippelsdorfer Teichen vorbei nach Friedewald. Ich liebe diese beruhigende Landschaft sehr, und Friedewald ist genau so idyllisch, wie der Name verspricht. Man fährt in den Ort hinein und muss bald wieder scharf rechts herum fahren, wo der Radweg ausgeschildert ist. Aber auch dort haben Schnellstraßen die Landschaft zerschnitten. Der Radweg verläuft durch eine Unterführung, über Wiesen hinweg und wird schließlich zum Pfad. Zwischen Häusern hindurch, eine Stufe hinauf - durchweg fahren kann man da nicht. Dann geht es steil bergab in den Lößnitzgrund. Ich muss beim Schieben die Handbremse ziehen, damit mich das Rad nicht hinab reißt. Hinunter fahren möchte ich dort nicht.
Im Lößnitzgrund ist es sehr kalt, aber wenigstens kenne ich von nun an den Weg. Es geht an den Schienen der Lößnitzgrundbahn entlang. Als die Kinder noch klein waren, sind wir regelmäßig mit ihnen „Bimmelbahn“ gefahren. Dieses Erlebnis ist uns zu teuer geworden, und mit dem Fahrrad ist man unabhängig. Ich kreuze die Kleinbahn-Schienen zweimal, und am Abzweig zum Bilzbad verlasse ich die Straße. Den Weg am Bach entlang kann man auch mit dem Rad fahren. Das Bilzbad ist im Sommer sehr zu empfehlen. Eine Bank am Weg ist zerstört worden, ein Schild umgerissen, und ein Brückengeländer ist demoliert worden. Radebeul ist eine wohlhabende Stadt mit vielen Villen, und mich schockieren diese Zeugnisse von Vandalismus mehr als in Dresden, wo man so etwas eher erwarten würde. Ich habe den Radweg wohl verloren, denn in Radebeul sehe ich zunächst keine Markierung mehr. Ich finde mich zurecht, aber Ortsunkundige müssten wohl raten, wie es weiter geht. Erst zur Meißner Landstraße, diese ein paar Meter landwärts bis zu den Landesbühnen, und dort ist alles gut ausgeschildert. Ich überquere die Straße und fahre Richtung Elbe. Genau dort, wo die Baustelle anfängt, treffe ich auf den Elberadweg und mache noch ein paar Fotos am Wasser. Dann wende ich mich heimwärts, denn es ist zu kalt, um länger unterwegs zu sein. Ein Kormoran möchte sich von mir nicht fotografieren lassen. Über Serkowitz und Kaditz gelange ich nach Hause. Insgesamt können es um die 40 Kilometer gewesen sein; die Strecke ist schwer abzuschätzen. Reich an Steigungen, hat sie mir genügt für heute. Zu Hause muss ich erst einmal die Füße auftauen, was heute deutlich länger dauert.
Fotos
Samstag, 26. Februar 2011
Mittwoch, 16. Februar 2011
16.02.2011 Dresden - Meißen und zurück
Vormittage zuhause verstreichen schnell, selbst wenn man nur ein paar Kleinigkeiten tut. Freilich – ich habe ausgeschlafen. Wäre ich, wie sonst an Wochentagen, um fünf Uhr aufgestanden, hätte ich mehr erledigen können. So etwas ist derzeit nicht angeraten, ich bin erschöpft und deswegen krankgeschrieben. Am nächsten Montag möchte ich wieder arbeiten, und so langsam könnte ich einen Zaubertrank gebrauchen – am besten gleich hineinfallen wie Asterix.
Gegen Mittag kommt die Sonne heraus. Obwohl ein eisiger Wind weht, möchte ich ein Stück Radfahren und probieren, wie das geht. Meine Funktionskleidung leistet mir auch auf dem Rad gute Dienste, ich merke beim Fahren, dass ich mich mit mehreren Schichten richtig angezogen habe. Nur an den Füßen ist es etwas kühl. Ich habe den Wind im Rücken und muss damit rechnen, dass er mir nachher richtig entgegen kracht. Ich setze mir kein bestimmtes Ziel, möchte ein Stück Elberadweg fahren, meine geliebte Strecke, bis Niederwartha, vielleicht bis Coswig. Ich fahre ganz ruhig, schalte auch mal einen Gang herunter, will mich nicht antreiben. Außer mir sind nur wenige Leute unterwegs, ein paar Spaziergänger, einzelne Radfahrer. Der Himmel ist strahlend blau, spiegelt sich im Fluss und in jeder Pfütze auf den Elbwiesen. Das Hochwasser hat Spuren hinterlassen: Schlamm auf dem Weg, Treibgut am Ufer und Stellen, die noch überflutet sind. Ich bin neugierig, ob ich überall durchkomme. Offensichtlich nicht: der Elberadweg ist bei Radebeul noch immer gesperrt. Ich fahre die Umleitung durch Altkötzschenbroda und sehe mich gern dort um. Nicht lange, und die Brücke bei Niederwartha ist in Sicht. Ich fühle mich wohl und befreit wie lange nicht. Die Sonne wärmt und man kann den Frühling schon riechen. Als ich losfuhr, kam ich mir wie ein Gespenst vor und nun spüre ich tatsächlich die Lebensgeister. Auf keinen Fall kann ich schon umkehren! Es geht weiter und ich genieße die Landschaft, die mich umgibt. Fast komme ich mir seltsam vor, dass mich diese bekannte Strecke immer wieder beglückt – aber ein solches Geschenk sollte man nicht in Frage stellen.
Zweimal steige ich ab, um zu fotografieren. Es sind immer die gleichen, immer wieder schönen Motive. Dann sehe ich die Bosel vor mir. Es gibt einen Rastplatz, wo man einen schönen Blick hat, aber heute ist es zu kalt zum rasten und ich fahre weiter. Umkehren? Warum? Ich fahre wie von selbst und ahne nur hin und wieder, dass mir der Rückenwind hilft. Solche Tage sind so rar und diesen möchte ich nutzen. Bald bin ich an der Bosel angelangt und somit kurz vor Meißen. Ich kann mein Glück kaum fassen. Laufen kann ich derzeit nicht, der Rücken und die Gelenke wollen nicht so recht. Aber ich kann Radfahren! Bis Meißen, das ist ein guter Start und beim nächsten Mal schaffe ich es vielleicht bis Diesbar. Ein Stück weiter sehe ich schon die Domtürme. Bald stehe ich unterhalb der Eisenbahnbrücke am Ufer und fotografiere Dom und Albrechtsburg. Weiter vorn ist der Weg überflutet. Man könnte einen Umweg fahren, aber für heute soll es genug sein; ich steige wieder aufs Rad und wende mich heimwärts. Wie erwartet, habe ich kräftigen Gegenwind. Meine Mütze könnte etwas dicker sein, und ich hätte wärmere Socken anziehen sollen. Bis nach Hause wird es schon gehen. An manchen Stellen ist der Wind sehr unangenehm, aber stellenweise ist es geschützter. Ich fahre durchweg langsamer und mache hin und wieder eine kurze Pause. Coswig, Radebeul, Kaditz. In den Knien zwickt es ein bisschen, und allmählich bekomme ich Eisfüße, aber es ist nicht mehr weit. Die letzte ungeschützte Stelle an der Autobahnbrücke, das Feld, dann geht es zwischen Häusern weiter bis nach Hause. Dort gibt es erst einmal einen Kaffee zum Aufwärmen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte: noch so einen Tag am Wochenende, etwas weniger Wind vielleicht. Aber heute war es sehr, sehr schön und die Lebensgeister bleiben mir hoffentlich erhalten.
Gegen Mittag kommt die Sonne heraus. Obwohl ein eisiger Wind weht, möchte ich ein Stück Radfahren und probieren, wie das geht. Meine Funktionskleidung leistet mir auch auf dem Rad gute Dienste, ich merke beim Fahren, dass ich mich mit mehreren Schichten richtig angezogen habe. Nur an den Füßen ist es etwas kühl. Ich habe den Wind im Rücken und muss damit rechnen, dass er mir nachher richtig entgegen kracht. Ich setze mir kein bestimmtes Ziel, möchte ein Stück Elberadweg fahren, meine geliebte Strecke, bis Niederwartha, vielleicht bis Coswig. Ich fahre ganz ruhig, schalte auch mal einen Gang herunter, will mich nicht antreiben. Außer mir sind nur wenige Leute unterwegs, ein paar Spaziergänger, einzelne Radfahrer. Der Himmel ist strahlend blau, spiegelt sich im Fluss und in jeder Pfütze auf den Elbwiesen. Das Hochwasser hat Spuren hinterlassen: Schlamm auf dem Weg, Treibgut am Ufer und Stellen, die noch überflutet sind. Ich bin neugierig, ob ich überall durchkomme. Offensichtlich nicht: der Elberadweg ist bei Radebeul noch immer gesperrt. Ich fahre die Umleitung durch Altkötzschenbroda und sehe mich gern dort um. Nicht lange, und die Brücke bei Niederwartha ist in Sicht. Ich fühle mich wohl und befreit wie lange nicht. Die Sonne wärmt und man kann den Frühling schon riechen. Als ich losfuhr, kam ich mir wie ein Gespenst vor und nun spüre ich tatsächlich die Lebensgeister. Auf keinen Fall kann ich schon umkehren! Es geht weiter und ich genieße die Landschaft, die mich umgibt. Fast komme ich mir seltsam vor, dass mich diese bekannte Strecke immer wieder beglückt – aber ein solches Geschenk sollte man nicht in Frage stellen.
Zweimal steige ich ab, um zu fotografieren. Es sind immer die gleichen, immer wieder schönen Motive. Dann sehe ich die Bosel vor mir. Es gibt einen Rastplatz, wo man einen schönen Blick hat, aber heute ist es zu kalt zum rasten und ich fahre weiter. Umkehren? Warum? Ich fahre wie von selbst und ahne nur hin und wieder, dass mir der Rückenwind hilft. Solche Tage sind so rar und diesen möchte ich nutzen. Bald bin ich an der Bosel angelangt und somit kurz vor Meißen. Ich kann mein Glück kaum fassen. Laufen kann ich derzeit nicht, der Rücken und die Gelenke wollen nicht so recht. Aber ich kann Radfahren! Bis Meißen, das ist ein guter Start und beim nächsten Mal schaffe ich es vielleicht bis Diesbar. Ein Stück weiter sehe ich schon die Domtürme. Bald stehe ich unterhalb der Eisenbahnbrücke am Ufer und fotografiere Dom und Albrechtsburg. Weiter vorn ist der Weg überflutet. Man könnte einen Umweg fahren, aber für heute soll es genug sein; ich steige wieder aufs Rad und wende mich heimwärts. Wie erwartet, habe ich kräftigen Gegenwind. Meine Mütze könnte etwas dicker sein, und ich hätte wärmere Socken anziehen sollen. Bis nach Hause wird es schon gehen. An manchen Stellen ist der Wind sehr unangenehm, aber stellenweise ist es geschützter. Ich fahre durchweg langsamer und mache hin und wieder eine kurze Pause. Coswig, Radebeul, Kaditz. In den Knien zwickt es ein bisschen, und allmählich bekomme ich Eisfüße, aber es ist nicht mehr weit. Die letzte ungeschützte Stelle an der Autobahnbrücke, das Feld, dann geht es zwischen Häusern weiter bis nach Hause. Dort gibt es erst einmal einen Kaffee zum Aufwärmen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte: noch so einen Tag am Wochenende, etwas weniger Wind vielleicht. Aber heute war es sehr, sehr schön und die Lebensgeister bleiben mir hoffentlich erhalten.
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