Ich habe mir den heutigen Tag für eine Radtour reserviert und freigenommen. Der Wetterbericht hat schönes Wetter angekündigt, so dass meinem Vorhaben nichts mehr im Wege steht.
Es gibt Kraftorte, wo man immer wieder auftanken kann. Ein solcher Ort ist für mich der Elberadweg zwischen Meißen und Riesa. Um schnell dorthin zu gelangen, fahre ich zunächst mit der S-Bahn bis Neusörnewitz. Gegen 8.35 Uhr steige ich dort am Bahnhof auf mein Rad und weiter geht es über Brockwitz hinunter zur Elbe. Bis Meißen sind es noch fünf Kilometer. Die Sonne ist schon aufgegangen, aber die Temperatur liegt um den Gefrierpunkt herum, und ich rechne damit, dass es noch ein paar Stunden dauert, bis es spürbar wärmer wird. Das riesige Angebot an Outdoor-Ausrüstung hat für jedes Problem eine Lösung. Am Sonnabend habe ich mir noch schnell im Fahrradgeschäft Überschuhe gekauft, damit mir unterwegs nichts abfriert. Sie sehen ein bisschen wie Stiefel aus und halten tatsächlich die Kälte ab. In den letzten Monaten habe ich, was solche Dinge angeht, ziemlich aufgerüstet. 9.14 Uhr bin ich in Meißen gegenüber von Dom und Albrechtsburg, will aber gleich weiter bis Diesbar fahren. Einige Kilometer hinter Meißen werden die Beine schon ein wenig schlapp. Gestern war ich joggen und will nun probieren, ob ich eine richtige Radtour am Folgetag machen kann. Vielleicht hätte ich doch einen Tag Pause gebraucht. Außerdem habe ich leichten Gegenwind. Auf dem Rückweg werde ich es besser haben.
Vorbei geht es an der Fähre nach Zehren, und danach macht die Elbe einen Bogen. Die Spargelbeete bei Nieschütz sind mit Folie bedeckt. Das waren noch Zeiten, als wir Spargel im eigenen Garten hatten! Die restlichen Kilometer bis Diesbar finde ich etwas anstrengend. Vielleicht ist das auch die Frühjahrsmüdigkeit. Bewegung im Freien ist ja das beste Gegenmittel. In Diesbar raste ich auf einer Bank in der Sonne, wo ich schon öfter Pause gemacht habe. Ich muss Kalorien zuführen – eine Banane ist genau richtig. Als ich weiter Richtung Nünchritz fahre, nehme ich schon ein wenig Abstand von der Route, die ich mir auf der Karte ausgesucht habe. Ich setze sie ins Verhältnis zu meinen letzten beiden Touren und denke mir, dass es noch zu weit ist. Nun gut, dann kehre ich eben in Riesa um und fahre zurück. Es geht durch idyllische Ortschaften und immer ist die Elbe in Sichtweite. Sie schimmert wie ein blaues Band. Der Tag wird freundlich, der Himmel ist strahlend blau, kaum Gegenwind – ideales Radfahrwetter! Rechts ist das Chemiewerk Nünchritz zu sehen. Als ich das erste Mal hier vorbei fuhr, fühlte ich mich sehr weit von zuhause entfernt. Seitdem bin ich oft während meiner Radtouren hier entlang gefahren, und die gefühlte Entfernung hat sich deutlich verringert.
Am Chemiewerk verlässt man kurz den Elberadweg und fährt auf einem Radweg neben der Straße weiter. Hinter dem Werksgelände geht es wieder zur Elbe hinunter. Dort kann man schon Riesa auf der linken Elbseite liegen sehen. Auf der rechten Seite fällt die Windmühle bei Grödel auf. Der Radweg führt hier auf einem Damm entlang. Nur wenige Leute sind heute unterwegs, und darüber bin ich ganz froh. Gedrängel habe ich bei meinen Touren sehr ungern. Da bin ich schon in Moritz, das kurz vor Riesa liegt. Ein Weg führt zur Straße hinunter Richtung Glaubitz. Das ist der Abzweig, den ich nehmen wollte, und weil es mir noch zu früh am Tag ist, um umzukehren, fahre ich dort entlang. Ich halte mich rechts und fahre eine kleine, ruhige Landstraße entlang. In Glaubitz geht es am Bahnhof vorbei und die Hauptstraße weiter nach Peritz. Ich orientiere mich an der ADFC-Radwanderkarte „Lausitz, Östl. Erzgebirge“. Vor dem Wechsel auf die Landstraße habe ich meine Warnweste übergezogen, da ich schwarz und grau gekleidet bin. Besonders in Waldgebieten fühle ich mich damit sicherer. Die Landstraßen, die mir die Karte empfiehlt, sind fast durchweg sehr ruhig. Während meiner Fahrt nach Zabeltitz begegnen mir nur drei Lastwagen. Deren Druckwelle kann einen fast von der Straße fegen.
Von Peritz aus geht es nach Görzig, wo schon ein Schild auf den Barockgarten Zabeltitz hinweist. Die Landstraße dorthin ist in schlechtem Zustand. Zabeltitz ist ein hübscher Ort. Die Straße führt direkt zum Park. Angekommen, lese ich auf der Orientierungstafel, dass Fahrräder im Park unerwünscht sind. Schade. Gäbe es einen Fahrradständer auf dem Parkplatz, hätte ich mein Rad dort abgestellt, aber offenbar sind nur Besucher mit PKW willkommen. Vor dem Parkplatz gibt es eine Bank, wo ich Pause mache – das ist nun fällig. Es gibt ein Saft-Tee-Gemisch und ein Brötchen. Da aber überall gebaut wird, ist es recht unruhig, so dass ich bald wieder aufbreche. Vorher lege ich die Überschuhe ab und tausche die dicken Handschuhe gegen die dünnen ein. Von Zabeltitz aus sind es 20 Kilometer bis Elsterwerda, aber dorthin möchte ich heute nicht fahren. Ich halte mich rechts und fahre weiter Richtung Walda/Kleinthiemig. Schon auf der Fahrt dorthin fällt mir das viele tote Holz auf. Von Walda aus möchte ich weiter nach Kleinraschütz fahren. Ich fahre Richtung Großenhain, in der Annahme, dass dies die richtige Straße ist. Als ich die Stadt schon deutlich vor mir sehe, schaue ich noch einmal auf die Karte und stelle fest, dass ich doch nach Bauda hätte abbiegen müssen. Also geht es ein Stück zurück. Die Straße, die bald darauf nach links abzweigt, muss ich nehmen. Die Alleebäume, die einmal hoch gewesen sein müssen, sind alle abgeknickt und abgestorben. Wie zerbrochene Streichhölzer sehen sie aus – ein gespenstischer Anblick. Traktoren ziehen Holz aus dem Wald. Hier ist vergangenes Jahr zu Pfingsten der Tornado durchgekommen. Walda-Kleinthiemig und Bauda waren besonders betroffen.
Ich komme in Kleinraschütz an, überquere eine Fernverkehrsstraße, fahre ein Stück geradeaus und dann wieder rechts. Bei Radwanderkarten muss man gut aufpassen, da die stärker befahrenen Straßen nur blass und dünn eingezeichnet sind, was in der Realität natürlich ganz anders aussieht. Ich finde die Straße nach Skassa. Manche der kleineren Landstraßen sind nicht oder nur schlecht ausgeschildert. Hier könnte ich rechts nach Nünchritz abbiegen, aber ich hatte mir für heute eine andere Strecke vorgenommen und möchte auch dabei bleiben. Es geht weiter nach Strießen. Zuvor muss ich über eine hochgewölbte Brücke eine Bahntrasse überqueren. Hier fährt die Regionalbahn nach Leipzig entlang. Die Straße nach Medersen kann ich, obwohl ich gut aufpasse, nicht finden, sondern fahre eine sehr neu aussehende Straße nach Strießen hinein und durch den Ort hindurch. Möglicherweise ist meine Karte nicht auf dem neuesten Stand. Ich bin ziemlich froh, als ich den Abzweig nach Porschütz finde, denn ich möchte mich nicht noch weiter vom Elbtal entfernen. In Glaubitz habe ich das letzte Mal zur Uhr gesehen, da war es 11.29 Uhr. Nun schaue ich absichtlich nicht nach, um nicht nervös zu werden. Ich bin schon eine ganze Weile unterwegs. Nach Porschütz geht es rechts herum bergauf. Ich habe vor, bei Nieschütz wieder auf den Elberadweg zu treffen. Rings um das Elbtal sind aber Berge. Dort muss ich erst einmal hoch. Von Porschütz aus kann ich Großenhain rechts, Riesa links sehen. Eine wirklich beeindruckende Aussicht! Ein paar Meter weiter oben, ich bin kurz vor Blattersleben, kann ich unten im Dunst die Meißner Domtürme sehen. Und da geht auch schon ein Radweg Richtung Baselitz und Meißen. Ich glaube nicht, dass hier viele Leute entlang fahren. Es ist allerdings auch mühseliger als unten auf dem Elberadweg. Der Weg hinunter nach Laubach ist recht steil, so dass ich die Handbremsen zu Hilfe nehmen muss. In Laubach geht die Straße rechts herum nach Diesbar-Seußlitz. Laut meiner Karte muss es aber auch nach Nieschütz gehen. Ich muss noch ein Stück bergauf fahren und befinde mich in Löbsal. Der Ort sieht schon ein bisschen wie Nieschütz aus und ich hoffe, dass es nicht mehr weit ist. Und dann sehe ich schon das Hinweisschild. Rechts entlang geht es nach Diesbar, geradeaus nach Nieschütz. Die Straße macht bald einen Bogen nach links, und es geht steil bergab. Unten in Nieschütz angelangt, sehe ich einen Bus, der nach Löbsal fährt. Dem hätte ich auf der schmalen abschüssigen Straße nicht begegnen wollen. Ein Stückchen hinter Diesbar fahre ich auf den Elberadweg und an der nächsten Bank mache ich erst einmal Pause. Es ist 14.37 Uhr – so etwa habe ich mir das gedacht. Endlich kann ich Warnweste und Helm ablegen. Ich achte darauf, zehn Minuten sitzen zu bleiben. Dann geht es weiter Richtung Meißen. Ich fahre nun so entspannt und ruhig wie möglich, um meinen freien Tag gebührend zu genießen. In Meißen kann ich die S-Bahn nehmen, muss es aber nicht tun. Der Elberadweg fährt sich sehr viel leichter als die Strecke über die Landstraßen. Aber ich wollte gern etwas Neues kennen lernen, und es hat sich auch gelohnt. Allerdings bin ich froh, den Weg nicht in umgekehrter Richtung gefahren zu sein. Ich fahre durch Meißen hindurch und mache erst kurz vor Kötitz Rast. Dann geht es über Radebeul und Altkötzschenbroda - immer noch Umleitung – heimwärts. Kurz nach 16.30 Uhr bin ich zuhause. Es waren heute um die 98 Kilometer. Ich staune, wie gut das geklappt hat, aber ohne regelmäßiges Kraft- und Ausdauertraining hätte ich so eine Fahrt nach dem Winter nicht geschafft.
Montag, 28. März 2011
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